Metropolen in aller Welt teilen das Problem, so auch Berlin: Menschen strömen in die Städte, Wohnungen werden knapp, die Mieten teurer. Eine mögliche Lösung: Der Wohnraum muss verkleinert werden. Aber was ist das Minimum? Der Designer Le van Bo glaubt, dass ein Quadratmeter ausreicht. Der aus Laos stammende Architekt kennt sich mit Platzbeschränkung aus: „Ich hatte nie viel Platz, nie eine große Wohnung und auch nie viel Geld und dachte mir so ein Quadratmeter ist vielleicht ausreichend um drin zu sitzen und zu arbeiten.“, sagt Le Van Bo.
Es ist nicht das erste Mal, dass Le Van Bo Aufmerksamkeit mit seiner Form von Kunst erregt. Im Jahr 2010 stellte er im Rahmen des Internationalen Design-Festival DMY günstige Selbstbau-Möbel, sogenannte Hartz-IV-Möbel, vor. Nun kommt also das 1-qm-Haus. Die Pläne dafür können aus dem Internet heruntergeladen und nachgebaut werden.
Tim und Jessica testeten für BLN.FM das Haus an einer Wochenendnacht Ende August 2012. Schläft es sich gut darin für eine Nacht? Ist das Haus eine Alternative für alle Studenten, die pünktlich zum Semesterstart keine Bleibe gefunden haben?
Das Berliner Hostel Eastseven in der Nähe des Alexanderplatzes vermietet die Häuschen. Das Haus für eine Nacht kostet ein Euro. Alle Häuser sind aus dünnem Holz, haben eine Plastikscheibe als Fensterersatz, eine Schiebetür und ein Spitzdach. Lediglich in der Farbe unterscheiden sie sich – unser Häuschen ist rosa. Drinnen befindet sich eine Matratze. Zusätzlich ausgestattet mit Rollen, kann das Haus an jedem beliebigen Punkt der Stadt aufgestellt werden. Sonderlich stabil und wetterfest wirkt die kleine Hütte allerdings nicht. Eher passt da schon der Charme eines Kindersarges.
Die erste Herausforderung des Tests: Den richtigen Stellplatz finden. Und wie man dahin kommt. Wir wollen samt Haus mit der U-Bahn zum Alexanderplatz. Ein Haus in der U-Bahn? Das gibt es nicht alle Tage, viele Fahrgäste wundern sich. Am Alexanderplatz finden sich die ersten interessierten Nachbarn schnell ein. Das bringt uns zur zweiten Lektion für Mini-Haus-Besitzer: Vielbelebte Orte sind nicht gerade ideal, um sich niederzulassen, denn das Haus zieht Schaulustige wie ein Magnet an. Wir ziehen weiter in Richtung Rotes Rathaus. Aber an Schlaf ist auch hier nicht zu denken. „So in der Fötushaltung kann man ja drin schlafen, aber irgendwann strecke ich mich und würde wahrscheinlich den Fußboden raus treten.“, stellt ein Passant nach einer Begutachtung fest. Nach 3 Stunden geben wir entnervt auf.
Auf dem Rückweg zum Hostel treffen wir dann Amie, die schon seit einem Monat im Mini-Haus lebt. Sie schildet uns ihre Erfahrungen: „Ich weiß nicht, ob ich noch länger in diesem Häuschen schlafen will. Es ist zwar bequem, aber ich freue mich auch auf ein richtiges Bett. Allerdings hat es mich zum Nachdenken darüber gebracht, wie viel Raum zum Leben ich eigentlich brauche. Weniger, als ich angenommen habe.“
Le Van Bo, der Designer, der mit seinen Minihäusern die Menschen zum Nachdenken anregen will, braucht mehr als einen Quadratmeter. Er verbrachte bislang noch keine einzige Nacht in einen seiner Häuschen – schließlich hat er eine Wohnung in Berlin.
(Foto: schoener-waers.de, Autoren)
Eine Audioversion des Beitrags ist auf DRadio Kultur erschienen.