Unter dem Titel „The Kennedys“ zeigt die italienische Kunstgalerie MILA in der Berliner Linienstraße noch bis zum 6. Oktober 30 teilweise unveröffentlichte Fotografien des wohl beliebtesten Polit-Popstar-Pärchens des letzten Jahrhunderts. Die Bilder stammen aus dem Nachlass des amerikanischen Fotografen Mark Shaw (1921-1969). Bereits in den 1950ern holte er Hollywood-Ikonen wie Audrey Hepburn und Marylin Monroe vor die Linse. Im US-Präsidentenwahlkampf 1959 lichtete er erstmals den damaligen Kandidaten der Demokratischen Partei John F. Kennedy und seine Frau Jaqueline für das „Life“-Magazin ab. Während der anschließenden Amtszeit Kennedys begleitete Shaw das Paar nicht nur zu offiziellen Anlässen ins Weiße Haus und auf Wahlkampfreisen, sondern auch in den Familienurlaub.
Die so entstandenen Aufnahmen lassen die Kennedys als Kombination aus einem auf Hochglanz polierten Politik-Pärchen und einer glücklichen Kleinfamilie wirken, die es in ihrer Freizeit gerne leger und entspannt hat. Die ehemalige Journalistin Jaqueline „Jackie“ Kennedy setzte sich entsprechend des damals vorherrschenden Frauenbildes ziemlich steif und spießig in Szene. Ihr äußerst treffsicheres Gespür für Mode und ihre Vorliebe für die pastellfarbenen Kleider des Hollywood-Designers Oleg Cassini brachten der First Lady dennoch bereits im Jahr 1960 den Titel der „bestgekleideten Frau der Welt“ ein. Die Urlaubsaufnahmen hingegen zeigen das Paar mit ihren Kindern im Garten in Hyannis Port oder am Strand von Nantucket. Diese Bilder strahlen nicht nur eine unglaubliche Leichtigkeit aus, sondern geben auch den Blick auf die „stylischen“ Tennissocken des Präsidenten frei.
Aber handelt es sich bei diesen Aufnahmen um echte Einblicke in das Privatleben der Kennedys? Es war wohl nicht zuletzt Mark Shaw, der mit seinen ikonenhaften Portraits des Paares und mit seinen intimen Familien-Einblicken die Basis für den schillernden Camelot-Mythos legte, der die Kennedy-Jahre bis heute umweht. Vielmehr als Artus und Guinevere waren die Kennedys jedoch Medienprofis, die wussten, wie man ein glanzvolles Präsidentschafts-Image verkauft. Was das Gewähren inszenierter privater Einblicke in das Leben einer amerikanischen Präsidentenfamilie betrifft, waren sie Pioniere. Ihnen haben wir es letztlich zu verdanken, dass uns die Familie Bush im Bermuda-Urlaubs-Look oder der Familienhund der Obamas von den Seiten der Hochglanz-Zeitschriften entgegen grinst. Dabei überlagert der nostalgische Zauber der Kennedy-Fotos die Erinnerung an die wirklich wichtigen politischen Themen in dieser „heißen Phase“ des Kalten Krieges: Mauerbau, Kuba-Krise und der Beginn des Vietnam-Krieges. Und in diesen weltgeschichtlichen Situationen machte „Mr. President“ John F. Kennedy nicht gerade eine gute Figur.
(Fotos: Mark Shaw, mit freundlicher Genehmigung von mptvimages)
Mark Shaw: “The Kennedys”, Fotokunstausstellung, noch bis zum 6. Oktober 2012 in der MILA Kunstgalerie, Linienstraße 154, Berlin-Mitte, S-Bahn: Hackescher Markt, U-Bahn: Weinmeisterstraße. Geöffnet wochentags (außer montags) von 11 bis 19 Uhr, samstags von 14 bis 18 Uhr. Eintritt frei.