The Gaslamp Killer – „Funky Drummer“ aus L.A.

Gaslamp Killer

Ein Club im Gaslamp District von San Diego. Nachdem der Prime-Time-DJ sein Set beendet hat, übernimmt der neue DJ das Pult. Er legt seine ersten Platten auf. Kurz darauf leert sich die Tanzfläche. Mit diesem eher zweifelhaften Ruf begann die Musiker-Karriere von The Gaslamp Killer alias William Bensussen. Am 18. September veröffentlicht er sein Debütalbum „Breakthrough“ auf Brainfeeder, dem Label von Flying Lotus. Im Interview mit BLN.FM spricht der Amerikaner über sein neues Album, seine Heimat San Diego, die Einflüsse der Familie, Wuppertal und James Brown.

BLN.FM: Du hast einmal gesagt, dass du Musik für das Gehirn und nicht für den Körper machst. Was genau bedeutet das?

The Gaslamp Killer (GLK): Das Album heißt „Breakthrough“ und ich wollte auf diesem Album einfach alles, was mich künstlerisch beeinflusst hat, reflektieren und zusammenbringen. Statt einfacher Beats wollte ich richtige Songs machen, um nicht nur einfach ein DJ zu bleiben, sondern um zu einem Musiker zu reifen. Meine Schwester hat mich als Kind oft auf Rock- & Punkkonzerte mitgenommen. Mit 12 Jahren war ich dann auf meinem ersten Rave und darüber bin ich dann zu HipHop- und Breakbeatpartys gekommen. Das hat mich sehr geprägt. Irgendwann war ich nicht mehr einfach nur ein Fan, sondern ein Teil dieser Bewegung. Beim Rock gab es nur die Fans auf der einen und die Bands auf der anderen Seite. Das war beim HipHop anders. Egal ob es nun Breakdance, Graffiti oder auflegen war – jeder hat sich irgendwie beteiligt innerhalb der Szene.  Mit 14 Jahren habe ich dann angefangen Platten zu sammeln. Ich habe dann von HipHop und Reggae über Jungle und Klassik alles miteinander vermixt.

BLN.FM: Deine Musik wird in der Kritik oft als psychedelisch beschrieben. Kannst du das psychedelische Element in deiner Musik ein bisschen definieren?

GLK: Das Wort psychedelisch hat viele Bedeutungen. Aber für mich persönlich und meine Musik sind es die Effekte, die in der Musik der späten 50er bis zu den späten 70er Jahren genutzt wurden. Übertriebene Delays und Reverbs, rückwärtsgespielte Gitarren und Gesänge  –  eben alles was sich anhört, als könnte es nur unter Drogeneinfluss entstanden sein. Das ist aber nicht an ein konkretes Genre gebunden, sondern kann durch das Hinzufügen dieser Effekte überall erreicht werden. Das fasziniert mich so sehr an der Musik aus dieser Zeit.

BLN.FM: Stammen aus dieser Zeit auch die Samples die du für deine Produktionen verwendest?

GLK: Naja, die Musik aus dieser Zeit beeinflusst mich natürlich sehr. Insgeheim habe ich mir auch immer gewünscht ein Teenager in dieser Zeit gewesen zu sein. Ich habe auch das Gefühl, dass ein Teil meiner Seele aus dieser Zeit kommt. Aber hauptsächlich ist es HipHop und die ganze Bewegung dahinter, die meine Musik, aber auch das Turntablism allgemein beeinflusst hat. Die 60er Jahre beeinflussen eher die Aufnahmetechnik und den Sound den ich konstruieren möchte.

BLN.FM: Afrika Bambaataa veröffentlichte 1983 den Titel „Looking For The Perfect Beat“. Du bist selber Schlagzeuger – hast du irgendwann den perfekten Beat gefunden?

GLK: Ja, und zwar ein legendärer Part aus James Brown – Funky Drummer. Ein Drum-Break das mehr als 100 mal gesampled wurde. Acht Takte die auf über 100 Platten vorkamen und die ein kleiner Moment für die Ewigkeit sind. Bevor es das Sampling überhaupt gab, waren es DJs die solche Drum-Breaks auf die Tanzfläche bringen konnten und die Leute zum ausrasten brachten. Oft wurden solche Beats dann auch von Leuten wie Bambaataa nachgespielt. Die Essenz des perfekten Beat: die Leute sollen ausrasten allein bei den Drums und der Bassline und das nicht nur drei Sekunden, sondern drei Minuten lang.

BLN.FM: Du bist der Musik wegen aus deiner Heimatstadt San Diego nach Los Angeles gegangen. Was waren die Gründe dafür?

GLK: Man kann es vielleicht mit dem Umzug von Wuppertal nach Berlin vergleichen. Los Angeles ist die Stadt der Träume, in der alles passieren kann und in der Träume wahr werden. San Diego war nur der Trainingsplatz auf dem ich meine Identität als Künstler entwickelt habe. Dort habe ich mir auch das Handwerkszeug angeeignet um Fuß zu fassen in der Szene. Aber ich wollte das alles nicht für eine Stadt machen, die sich nicht für mich und die Musik interessiert. Ich habe einfach trainiert für die erste Liga, die Los Angeles nun einmal ist.

BLN.FM: In Los Angeles hast du mit den befreundeten Künstlern Daddy Kev und DJ Nobody die mittlerweile sehr bekannte Partyreihe „Low End Theory“ ins Leben gerufen, bei der du auch Resident bist. Wie entstand dieses Projekt?

GLK: Daddy Kev und ich hörten schon immer dieselbe Musik und haben auch ähnliche Musik aufgelegt. Mit DJ Nobody sind wir eines Tages mal durch die Stadt gefahren. Wir haben dann festgestellt, dass es zwar HipHop und Clubmusik gibt, es gab aber einfach nicht genug reine Beats in dieser Stadt. Daddy Kev meinte dann, dass er eine Bar hätte und er auch unbedingt etwas wöchentliches machen wollte. Wir haben uns dann diese dreckige Bar angeschaut und dachten: Perfekt! Wir haben dann Flying Lotus, Daedalus und viele mehr in die Dive Bar geholt. Wir dachten: das sind die Artists die eine große Zukunft vor sich haben. In der ersten Zeit hatten wir nur 25 rauchende Typen in Hoodies als Gäste. Fünf Jahre später haben wir das exakt selbe Line-Up, aber jetzt stehen Woche für Woche 500 Leute in der Schlange und wollen unbedingt rein.

BLN.FM: Erzähl doch mal wie ihr es geschafft habt, dass Radiohead-Sänger Thom Yorke bei euch auflegt.

GLK: Thom Yorke meinte zu Flying Lotus, dass er diese ständige VIP-Auflegerei in den Clubs von Hollywood satt hätte. Da Thom schon lange vor seiner Karriere mit Radiohead aufgelegt hat, fragte ihn Flying Lotus, ob er nicht Lust hätte bei „Low End Theory“ aufzulegen. Er sagte zu und war begeistert von den Leuten und der Stimmung. Auf einmal haben dann auch Erykah Badu und James Blake bei uns gespielt. Alle die da waren, verließen den Club begeistert von der Stimmung um dem Vibe.

BLN.FM: Schaut man sich ein paar Youtube-Videos deiner Shows an, bekommt man den Eindruck, dass die Leute eher deine extravagante Performance filmen wollen, als deine Musik zu feiern…

GLK: Du weißt nie was die Leute genau zu dir bringt, aber was zählt ist, dass sie da sind. Aber ich ziehe mein Ding durch, egal ob das 10, 100, 1000 oder sonst wie viele sind. Das einzige was ich den Leuten zeigen will, ist die Schönheit der Kunst.

The Gaslamp Killer – „Breakthrough“ LP erscheint am 18. September auf Brainfeeder.

Das Interview mit The Gaslamp Killer erscheint in der schriftlichen Fassung gekürzt und in geänderter Abfolge. Das komplette Interview als Audio:

http://soundcloud.com/bln-fm-interviews/interview-gaslamp-killer

(Foto:Facebook)