XXYYXX – XXYYXX

XXYYXX - CoverEin Wunderkind darf man Marcel Everett nicht nennen. Dafür ist der Junge aus Florida wahrscheinlich schon zu alt. Dennoch kann man ihn getrost als eines der derzeit größten Talente der Lo-Fi- und Minimal-Szene bezeichnen. Mit 16 Jahren hat Everett, besser bekannt unter seinem kryptischen Nom de plume „XXYYXX“, ein noch überschaubares, aber nicht minder feines Œuvre zu Buche stehen. Neben einigen Remixes und einer EP brachte XXYYXX in diesem Jahr sein gleichnamiges Debütalbum heraus. Früh übt sich, was ein Meister werden will!

Dass Everett die ruhigeren Spielarten der elektronischen Musik für sich entdeckt hat, verwundert kaum, ist er doch im verschlafenen Orlando aufgewachsen. Nach der Wirkung gefragt, vergleicht XXYYXX seine Musik mit: „Doing drugs on a freeway underwater.“ Soso, noch Fragen? Wenn ja, dann muss man sich nur die ersten Sekunden des bezaubernden Openers „About You“ anhören, um festzustellen, dass es kein passenderes Sinnbild gibt. Wie in Zeitlupe plätschert der Beat vor sich hin, keimt eine geloopte Damenstimme auf und ebbt ab, bevor der Synthesizer mit immer größerer Vehemenz den Schädel zu durchbrechen droht. Unheimlichkeit und Benommenheit sind untrennbar miteinander vereint, genau wie das gleichzeitge Gefühl von Frieden und Trauer. Es wird schnell klar: Hier ist jemand Großes am Werk.

Umso erfreulicher ist der folgende Stimmungswechsel, der beweist, dass Everett mehr kann, als die Menschen nur mit Melancholie zu erfreuen. „Good Enough“ ist weit davon entfernt, zum Dancefloor-Hit zu werden, erzeugt aber auf einfachste Weise einen grundzufriedenen Rhythmus, der sich im Wechsel mit wenigen Klavierakkorden und einem gefühlvollen Sample von TLCs „No Scrubs“ zu einem überaus sympathischen Lied entwickelt. Ein weiterer Höhepunkt ist, dass sich auf „Set it Off“ die gleichen kindlichen Geisterstimmen verirrt haben wie auf James Blakes „CMYK“ und dort ihr abenteuerliches Unwesen treiben.

Jedoch fällt auf, dass viele Songs über weite Strecken einer ähnlichen stylistischen Formel unterliegen. Das hat zur Folge, dass „XXYYXX“ im mittleren Teil bedauerlicherweise zäh und langatmig wirkt. So muss man eine ganze Weile warten, um zu verstehen, wieso der Teenager von der Blogosphäre überschwänglich als „der neue James Blake“ bezeichnet und mit Star Slinger verglichen wird. „TIED2U“ und „Overdone“ besitzen eine emotionale Tiefe und Reife, die den Hörer kurz in Ekstase versetzen, bevor sie im Nichts verschwinden. Marcel Everett hat mit „XXYYXX“ sicherlich kein makelloses Debüt hingelegt. Dafür eines, das großes Potential erkennen lässt und damit verbunden die Hoffnung birgt, dass noch viel mehr Genialität aufblitzt, wenn er erst einmal ein bisschen älter und erfahrener ist. 18 oder so.

Preview:

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Tracklist:

  1. About You
  2. Good Enough
  3. Fields
  4. Set It Off
  5. Alone
  6. DMT
  7. Breeze
  8. Closer
  9. Forest Fires
  10. Never Leave
  11. Witching Hour
  12. Love Isn’t Made (Featuring Steffaloo)
  13. TIED2U
  14. Overdone (Featuring Anneka)