Vielleicht hätte er es „Loops“ nennen sollen. Oder besser noch: „Infinite Loops“. Schließlich ist „Beams“, wie Matthew Dear sein gerade erschienenes, viertes Album taufte, nicht nur mit seinem Leib dem Pop und mit seiner Seele dem Techno verschrieben, es ist vor allem eine Hommage an das Sample in der Endlosschleife. Wäre das Album analog produziert worden, was hätte man Bänder kopieren und kleben müssen! Doch wer nun an Steve Reich oder das monotone Minimalgewummer aus dem Club drei Blocks weiter denkt, hat weit gefehlt. Beams ist kein minimalistisches Album, das mit Phasenverschiebung experimentiert oder als akustische Litanei Trancezustände hervorruft. Es ist ein Spiel mit der eindringlichen, meditativen Wirkkraft der stetigen Wiederholung unter Pop-tauglichen Bedingungen. Allzu lange reizt keiner der elf Songs die Geduld seines Hörers aus. Acht Wiederholungen sind ihm schon zuzumuten, bevor der nächste Reiz in Endlosschleife folgt.
Geloopt wird dabei alles, was zum Sample taugt: Analoge und synthetische, vertraute und ungewöhnliche Klänge verleihen in Schleifen übereinandergelegt jedem Song einen ganz eigenen atmosphärischen Charakter. Im Opener „Her Fantasy“ treffen Sambatruppen-Trillerpfeifen auf abgehakte Vocalsamples, trancige Sphärensounds und funkige Gitarrenklänge. Wie das konvexe in das konkave Teilchen schmiegen sich die beim lesen unpassend erscheinenden Klänge ineinander und zu einer Klangwolke, die bald an die Atmo einer Urwalddoku denken lässt. Darüber konstatiert Matthew Dear halb gesprochen, halb monoton, halb verhallt und doch lasziv: „It’s just one in a million hearts, that feels the way, the way I do.“
In „Do the Right Thing“ pluckern Synthieklänge über einem Cowbell-Rhythmus so optimistisch daher, dass man geradezu erwartet einer der Kalkbrenners werde sogleich ein paar weitere Zeilen über den Himmel und den Sand kredenzen. Stattdessen stimmt Matthew Dear die im Gegensatz zur Musik so gewichtigen Zeilen an: „My heart, it weighs about a ton in snakes.“ Musikalisch dunkler wird es in „Shake Me“, wo ein Klavier monophone Mollharmonien über sterile Beats klingen lässt, vor die im lässig entrückten Monotongesang die Zeilen „I laughed when they hit you with their sticks, you cried“ treten.
Letztendlich sind es auch Dears Vocals mit ihren so melancholisch rätselhaften und offenbar persönlichen Inhalten, welche die elf Songs zusammenhalten und „Beams“ eine mitreißende Kontinuität verleihen. Gemeinsam mit den stetig wiederkehrenden Samples üben sie eine nahezu hypnotische Wirkung aus, der man sich kaum entziehen möchte.
Preview:
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Tracklist:
- Her Fantasy
- Earthforms
- Headcage
- Fighting Is Futile
- Up & Out
- Overtime
- Get The Rhyme Right
- Ahead Of Myself
- Do The Right Thing
- Shake Me
- Temptation