Jessie Ware – Devotion

Jessie Ware - Devotion / (C) PMR RecordsDa ist sie wieder, diese geheimnisvolle Frau, die dir schon öfter aufgefallen ist. Die du auf allen Partys der letzten Zeit triffst, weil sie auf so vielen Tracks singt, die dort laufen. Deren Ausstrahlung so elegant ist wie die einer Roísín Murphy. Und die sich irgendwann, wenn ihr der Abend zu spät zu werden droht, unauffällig zurückzieht und die anderen mal machen lässt.

Jessie Ware ist ihr Name, London ihre Heimat. Auf dem Debütalbum von SBTRKT war sie zu hören, auf einem Track von Joker und im Duett mit Sampha. Scheinbar mühelos mischt sie ganz vorne mit und schlägt Brücken zwischen Future Garage, UK Funky und R&B – oder zwischen Sade und dem Londoner Underground, wie es mal hieß. Zu einem regelrechten Garage-Überhit wurde der Disclosure-Remix ihres Stückes „Running“, der lange Zeit in kaum einem Set fehlen durfte.

Ihr nun erschienenes Debütalbum „Devotion“ zu hören, fühlt sich im Verhältnis zu all dem in etwa so an, als würde man Jessie Ware zuhause besuchen, in einem hellen, aufgeräumten, von Nachmittagssonne durchfluteten Wohnzimmer. Als würde sie Tee dazu servieren, sich auf der Couch drapieren und in sich selbst versunken durch die dünnen Gardinen in die Weite der Stadt schauen. An einem Sonntagnachmittag, an dem die Zeit still zu stehen scheint.

Das ist eine durchaus positive Assoziation – doch schwingt dabei noch etwas anderes mit. Denn der sehr homogene Synthie-Soul-Sound auf „Devotion“ klingt auch ein wenig nach verschleppter Retrowelle, nach Strukturlosigkeit, die mit der Zeitlosigkeit einher geht. Klar, die elf Stücke sind charmant erdacht, hervorragend gesungen und gut produziert. Aber in ihrer gleichförmigen End-80er-Ästhetik mit moderaten Beats, verhallter Soulstimme und melancholischen, dezenten R&B-Popklängen wirken sie auch etwas träge. Die Originalversion von „Running“ etwa bietet viel weniger Reibungsfläche als der zurecht gefeierte Remix. Bei „Taking In Water“, einer standesgemäßen sogenannten „Ballade“, wird es gar richtig kitschig. Und als am ehesten zeitgemäß wäre vielleicht der Track „110%“ zu nennen, der sich mehr in Richtung UK Funky bewegt, dabei aber so minimal und pastellfarben wie möglich bleibt.

Um im Bild von vorhin zu bleiben: Schön ist es schon bei Jessie auf der Couch. Und dass sie Ruhe haben möchte, wenn sie nicht an der Clubfront ist, macht sie auch sympathisch. Aber ein bisschen mehr reden könnte sie schon. Und vielleicht ein paar knusprigere Sounds servieren zum entspannenden Tee.

Preview:

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Tracklist:

  1. Devotion
  2. Wildest Moments
  3. Running
  4. Still Love Me
  5. No to Love
  6. Night Light
  7. Swan Song
  8. Sweet Talk
  9. 110%
  10. Taking In Water
  11. Something Inside

(PMR Records)