Dead can Dance – Anastasis

Dead can Dance – wir haben  ihre Musik geliebt, damals in den frühen 90ern. Ihr Album „Into the Labyrinth“ durfte bei keinem Sit-in fehlen. Räucherstäbchen, viel Tee, rituelle LSD-Experimente, was man eben so tat als Abiturient mit dem großen Weltschmerz im Herzen. Dead can Dance haben dieses Gefühl perfekt bedient. Gegründet wurde die Formation 1980 in Melbourne, Australien. Ursprünglich als offenes Künstlerkollektiv konzipiert, kristallisierten sich bald Lisa Gerrard und Brendan Perry als treibende Kräfte der Band heraus. Ihr Debut „Dead can Dance“ entstand jedoch erst 1984 in London. Ein Jahr später erschien gleich das zweite Album „Spleen and Ideal“. Als Anhänger des französischen Lyrikers und Symbolisten Charles Baudelaire, nimmt ihr Albumtitel Bezug auf den ersten Teil von Baudelaires Gedichtband „Die Blumen des Bösen“ (Les Fleur du Mal), der die Ambivalenz des Menschen im Spannungsfeld zwischen Gut und Böse beschreibt. Der Name Dead can Dance ist folgerichtig selbst eine Metapher, die eine Wiederbelebung toter Materie und Auferstehung untergegangener Kulturen durch das Beschwören ihrer Artefakte symbolisieren soll. So ziert das Cover ihres Erstlings eine rituelle Holzmaske die der Überlieferung zufolge durch die Kunstfertigkeit des Herstellers selbst zum Leben erweckt wurde.

Ihr bekanntestes Werk „Into the Labyrinth“ aus dem Jahr 1995 verbindet traditionelle Instrumentierung mit kontemporärer, elektronischer Musik und stellt retrospektiv den Höhepunkt ihres Schaffens dar, markiert allerdings auch schon den Beginn erster Auflösungserscheinungen der Band. Beide leben während der Entstehung des Albums bereits mehrere tausend Kilometer voneinander entfernt, Perry auf einer Insel in Irland und Gerrard in Australien. Mit „Spiritchaser“ sollte schliesslich wohl noch ein letztes Mal ein gemeinsamer Geist heraufbeschworen werden –  erfolglos, wie die Trennung im Jahr 1998 nahelegt.  Die Fankarawane ist zu diesem Zeitpunkt schon längst weitergezogen, z.B. zu den, nicht nur musikalisch, weitaus radikaleren Psychic TV oder The Legendary Pink Dots, bis  schließlich  diese neue, abstrakte Maschinenmusik immer mehr Einfluss gewann und es abrupt vorbei war mit dem ‚Spirit Dance‘. LSD blieb, der Weltschmerz verging.

Die Ankündigung, Dead can Dance würden ein neues Album aufnehmen,  erzeugte dennoch große Neugier: Wie würden sie sich mit den musikalischen Entwicklungen der letzten 15 Jahre auseinandersetzen? Hat sich seit dem doch ein ganzes Ambient-Universum entfaltet. Vor diesem Hintergrund ist das neue Werk „Anastasis“ eine herbe Enttäuschung. Perfektes Arrangement und glasklares Sounddesign, keine Frage, aber die Authentizität der früheren Arbeiten ist verlorengegangen. Es ist nicht mehr als eine Hochglanzversion der Vorgängeralben. Der Sound scheint, sorgfältig vakuumiert, aus den 90ern herübergebeamt worden zu sein. Mit Zwischenstop im Orchestergraben. Innovation gleich Null. Nicht ein einziger Titel ist hervorzuheben, der ein neues Element einbringen würde. Dass sich Lisa Gerrard und Brendan Perry musikalisch zu weit auseinanderentwickelt hätten, was 1998 noch zu ihrer Trennung geführt haben soll, ist „Anastasis“ nicht anzuhören. Vielleicht ist dies aber auch ganz einfach der übrig gebliebene gemeinsame Nenner. Keine Risikobereitschaft (oder schlichtweg Unfähigkeit zusammen neue Wege zu gehen), statt dessen werden die alten Muster entstaubt und durch aufwändige Orchestrierung aufgewertet. Ein Trend, den man leider viel zu oft wahrnimmt bei Bands, die es noch einmal wissen wollen, denen aber offensichtlich die Kreativität fehlt, um neue (Klang-)Räume zu erschließen. Insofern war für die Wahl des Titels „Anastasis“ (griech.  Auferstehung) wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens. Lässt man jedoch die ersten 3 Buchstaben weg erhält man eine ziemlich genaue Beschreibung des Albums: „Stasis“, ein Zustand vollständiger Stagnation.

Preview:

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Tracklist:

  1. Children Of The Sun
  2. Anabasis
  3. Agape
  4. Amnesia
  5. Kiko
  6. Opium
  7. Return Of The She – King
  8. All In Good Time