Ist Touristenhass der neue Trendsport in Berlin?

Anti-Tourismus Slogan in BerlinLetztes Jahr waren’s noch die Schwaben. Dieses Jahr sind’s die Touristen, die schuld daran sein sollen, dass Berlin teurer und lärmiger wird. Verschiedene T-Shirts und Aufkleber in der Stadt künden davon: „Berlin doesn’t love you.“ Gegen sowas richtet sich eine neue Initiative der Gruppe „Andere Zustände ermöglichen„, die sich Mitte August in Berlin-Neukölln vorstellte. Worum es der Gruppe genau geht, hat BLN.FM im Interview mit dem Aktivisten David Schuster herausgefunden. (Das verschriftlichte Interview ist ein bearbeitetes Transkript der Statements des Radiobeitrags, den ihr am Ende des Artikels finden könnt.)

Das Plakat zu "Spot the Touri!"David Schuster: Wir haben diese Plakate gemacht, auf denen steht ‚Spot the Touri!‘. Dahinter sind 12 Bilder abgebildet, wo man dann erkennen soll: ‚Wer ist denn jetzt der Tourist?‘ Dann sagen wir: ‘Hey, man kann das überhaupt nicht wissen, wer Tourist ist.’ Diese Zuschreibung ‚Tourist‘ produziert eine Art Sündenbock. Man sagt: ‘Ok, Leute sind laut oder die Mieten steigen, wer ist dafür verantwortlich?‘ – Die Antwort vieler ist: ‚Der Tourist ist dafür verantwortlich.‘

BLN.FM: Das ist wie beim Rassismus.

David Schuster: Also es gibt klare Unterschiede zwischen Rassimus und Touristenfeindlichkeit. Aber es geht bei beiden darum, dass da ein „Anderer“ konstruiert wird. Also es gibt diesen „anderen“ Menschen, der hier nicht hingehört, der sich hier nicht richtig benimmt, der irgendwie falsch ist und der soll irgendwie weg. Also es ist deswegen schon eine ähnliche Konstruktion wie beim Rassismus.

BLN.FM: Nun kann man durchaus den Vorwurf machen, das Touristen Berlin auch als Müllkippe gebrauchen.

David Schuster: Das ist so eine Art Pauschalisierung, wie das dann so immer bei Kategorisierungen ist. Also man nimmt eine Personengruppe – Touristen – und ordnet denen was zu. Zum Beispiel, dass die unordentlich seien oder zu laut oder zu viel feiern würden und so weiter. Aber das trifft überhaupt nicht auf alle zu, die zu dieser Gruppe gehören. Genauso gibt es auch viele Berlinerinnen und Berliner, die den Müll irgendwo hinwerfen oder laut feiern. Probleme ordnet man so pauschal einer Gruppe zu, die man noch nicht mal genau bestimmen kann. Der „Tourist“ ist einfach ein Feindbild, dass man sich schafft, um sich selbst über andere zu erheben. Und dagegen gehen wir mit dieser Intervention an.

BLN.FM: Ihr habt Sticker gedruckt und Plakate, wie finanziert ihr das?

David Schuster: Also, das ist äh… keine Antwort.

BLN.FM: Wieso, ihr müsst doch irgendwie euch finanzieren?

David Schuster: Also wir sind eine linksradikale Gruppe, das ist eine Strukturfrage, die beantworte ich nicht.

BLN.FM: Ok, da bist du jetzt aber ein bisschen intransparent, oder?

David Schuster: Transparenz ist keine Eigenschaft unserer Gruppe.

Das Interview zum Nachhören:

http://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/im-fokus-ist-touristenhass-der

(Foto: Ima Johnen)