Karin Park – Highwire Poetry

Karin Park - Highwire Poetry / (C) LabelDa hat sich aber jemand Zeit gelassen. Drei Jahre sind vergangen seit Karin Parks letztem Longplayer, doch nun ist alles wieder da: die charakteristische Stimme, die durch Mark und Bein geht, die düsteren Beats und Synthies von Produzent Christoffer Berg sowie der geheimnisvoll-verlockende Eindruck, das Album sei in einer Waldhütte tief im schwedischen Hinterland aufgenommen. Längst hat Park, die „Highwire Poetry“ interessanterweise nicht unter ihrem Projektnamen Fever Ray veröffentlicht, einen ganz eigenen Stil geschaffen.

Moment mal: Karin Park ist Karin Park. Hieß Madame Fever Ray nicht vielmehr Karin… Dreijer Anderson? Nun, in der Tat lag hier gerade eine vorübergehende Verwechslung vor. Hört man sich Karin Parks viertes Album „Highwire Poetry“ an, ist dies jedoch leicht zu entschuldigen. Zu überwältigend ist der Eindruck, man habe es mit einer verschollenen, drei Jahre jüngeren Schwester von Frau Dreijer Anderson zu tun. Nicht nur weisen Songwriting und Sounddesign frappierende Ähnlichkeiten mit dem Werk von Fever Ray oder The Knife auf, auch ist Parks Stimme so nah dran an der von Dreijer Anderson, wie man es gar nicht für möglich halten würde. Dies mag zum Teil daran liegen, dass die beiden Karins tatsächlich mit demselben Produzenten zusammenarbeiten, zum Teil auch an ihrer gemeinsamen Herkunft aus Südostschweden und den damit verbundenen Einflüssen.

Hier allerdings gibt es einen Bruch der Parallelen: Während Frau Fever Ray nämlich immerhin aus einer Kleinstand im Speckgürtel von Stockholm stammt, kommt Karin Park aus einem beängstigend kleinen Provinzdorf und lebt heute in Oslo. In Norwegen ist sie auch etwas berühmter als in ihrem Heimatland oder in unseren Breiten. Um das zu ändern, tourt sie immer wieder mit zahlreichen illustren Namen durch Europa, wobei sie ihren Bruder als Drummer mit auf die Bühne nimmt – genau wie ihre Namensvetterin, Überraschung.

Um endlich auch etwas zur Musik zu sagen, bedarf es für Kenner der skandinavischen Wave-Pop-Szene nur weniger Worte: Dunkelheit, Waldgeister, Introspektion, Selbstbehauptung, Grusel. Ungefähr in dieser Reihenfolge. Karin Park, so hört man, habe die Dorfkirche ihres winzigen Heimatortes zum Studio umgebaut und dort das neue Album eingespielt. Für das Gleichgewicht der dräuenden Industrial-Bässe, der Wave-Synthies, der manchmal tribalen Ryhthmen und der geisterhaften Klangeffekte sorgte der bereits erwähnte schwedische Gruselspezialist Berg, dem übrigens auch Little Dragon ihren wunderbar seltsamen Sound verdanken. Über allem singt Karin Park, die vor ein paar Jahren eine Hauptrolle in einem norwegischen Psycho-Horrorfilm spielte. Sie singt von Einsamkeit, von inneren und äußeren Kämpfen, von Ruhelosigkeit, davon, dass man der Welt manchmal trotzen muss, um zu überleben. Und wenn sie dabei nicht wie die andere Karin klingt, erinnert sie stellenweise gar an Björk und – recht selten allerdings – auch mal an sich selbst.

Die sich aufdrängenden Parallelen jedoch stören nicht, denn „Highwire Poetry“ bringt eindeutig genug eigene Charakteristik mit, um sich von den Assoziationen abzuheben. Besser noch: Park scheint mit ihnen zu spielen, weicht sie ein wie ungebrannten Ton und formt ihre eigenen, fesselnden und wunderschönen Dämonen daraus. Mag sie auch eng mit ihren musikalischen und geographischen Nachbarinnen verzahnt sein, klingt sie bestenfalls wie ein hochinteressantes Verbindungsstück zwischen ihnen. Oder eben wie die verlorene, noch verschrobenere Zwillingsschwester von dieser anderen da. Wie hieß die noch gleich?

Preview:

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Tracklist:

  1. Restless
  2. Fryngies
  3. Tension
  4. Tiger Dreams
  5. New Era
  6. Wildchild
  7. Explosions
  8. 6000 Years
  9. Thousand Loaded Guns
  10. Bending Albert’s Law

(State Of The Eye Recordings)