Delta Funktionen – Traces

Der Niederländer Niels Luinenburg hat wie so viele Produzenten zuerst lange Zeit in einem kleinen Plattenladen gearbeitet und macht seit 2008 Musik unter seinem mathematischen Pseudonym Delta Funktionen. Auf seinen bisherigen Releases pflegte er eine eher düstere Spielart von dubbigem Minimal-Techno mit Detroit-Anleihen. Etwas mehr stilistische Freiheit nimmt sich Delta Funktionen seit jeher in seinen hervorragenden DJ-Sets, wo er neben solidem Techno gerne auch mal den ein oder anderen EBM oder Dark-Wave-Klassiker auf die Plattenteller legt. Diese kleinen Akzente verleihen seinen Sets eine atmosphärische Tiefe, die den vorangegangenen Veröffentlichungen trotz ihres sehr soliden Dubtechnosounds fehlte.

Mit seinem Debut-Langspieler für das ebenfalls niederländische Label Delsin ändert sich das nun. Der Wille, akustisches Neuland jenseits von 4/4-Funktionalität zu betreten ist „Traces“ bereits zu Beginn deutlich anzumerken. Der Opener „Frozen Land“ beginnt mit ausladenden, beinahe pathetischen Synth-Flächen, deren zunehmend voluminöse Entfaltung dann nicht von einer geraden Bassdrum, sondern einem Breakbeat-Gerüst unterlegt wird. Die wundervoll tiefe EBM-Atmosphäre dieses Tracks eröffnet „Traces“ eher wie ein elektronisches Hörspiel. „Enter“ basiert rhythmisch ebenfalls auf gebrochenen Beats, allerdings drängt sich hier nun ein düster-spaciges Acid-Loop in den Vordergrund, das sich nach und nach immer weiter in den Track zu fräsen scheint. Neben den majestätischen Strings überrascht Luinenburg auf „Traces“ tatsächlich mit einer Vielfalt von Acid-Einflüssen. Aus diesen zwei Polen gewinnt „Traces“ seinen größten Reiz: Der Kontrast zwischen einem dystopisch klingenden Unterbau und den extrem emotionsgeladenen Strings sorgt für eine melancholisch-erhabene Atmosphäre, die das Leitmotiv von „Traces“ bildet. Luinenburg ist es dadurch gelungen, die dubbig-minimale Funktionalität seines Sounds mit einem mystisch und erhaben klingenden Abglanz zu veredeln, der die Tracks gekonnt atmosphärisch verdichtet. Exemplarisch zeigt sich diese Synthese von rhythmischem Funk und Soundflächen etwa in „Utopia“, das mit seiner treibenden Bassline positive Erinnerungen an Aril Brikha weckt.

Während „Traces“ im Mittelteil klassisch technoid auf die Tanzfläche schielt, bieten die drei letzten Tracks nochmals ein Panorama der klanglichen Innovation von Delta Funktionen: „Challenger“ lebt ganz von der Emotionalität seiner warmen Strings, während „Onkalo“ durch ravige Bleeps und ein unheimliches Cyborg-Vocodersample unheilvoll bis zur Gänsehaut klingt. Das zehnminütige „On A Distant Journey“ macht keinen Hehl aus seiner Verehrung für Motorcity-Helden wie Model 500 und beschließt eine großartige Techno-Platte mit klarer ästhetischer Vision und souveräner handwerklicher Ausführung.

Preview:

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Tracklist:

  1. Frozen Land
  2. Enter
  3. Utopia
  4. Redemption
  5. Target
  6. And If You Know
  7. Challenger
  8. Onkalo
  9. On A Distant Journey