Seit Mitte Juni ist eine Welle aus Farbe durch Facebook gerollt. Grund war die Ankündigung für das erste „Holi Festival“ Deutschlands und Europas, das am 29. Juli 2012 in Berlin gefeiert werden sollte. Schon Wochen bevor der Vorverkauf startete, hatten die Veranstalter durch cleveres Marketing mehr als viermal so viele Fans auf Facebook gesammelt als es am Ende Tickets gab.
Bunte Farben und elektronische Rhythmen umhüllten tausende Gleichgesinnte, während sie an einem Sommernachmittag ausgelassen auf einer Wiese am Berliner Postbahnhof tanzten. Es ist ein Bild wie aus der Hippie-Ära, mit dem die Organisatoren des „Holi Festivals“ bereits in ihrem Werbefilm auf die gleichnamige Feiertage im Norden Indiens verwiesen. Bei dem religiösen Festival ist es Brauch, sich gegenseitig mit Farbpulver zu bewerfen. An diesen Tagen, die in Indien auf das Frühjahr fallen, werden das dortige Kastensystem ausgesetzt und damit die starren sozialen Grenzziehungen der indischen Gesellschaft aufgehoben. Dieser Gedanke ist es auch, den die Veranstalter von dem traditionellen Festival übernehmen: Gefeiert werden soll zusammen bei allen Unterschieden zwischen den Menschen.
War denn die Veranstaltung ein „Kindergeburtstag für Erwachsene“, wie die Veranstalter das „Holi“ im Interview mit BLN.FM versprochen haben? Immerhin gab es vorab im Web neben all der Euphorie auch zahlreiche kritische Stimmen, die besonders die vermeintliche Fehlorganisation und Intransparenz des Ticketverkaufs bemängelten. Auch Vorwürfe, das Event würde aus reiner Profitgier veranstaltet, waren zu lesen.
Nachdem viele voller Hoffnungen dem Spektakel entgegengefiebert haben, haben auch wir uns zum Fest begeben und behaupten: Farbenfroher wurde in der Hauptstadt vermutlich noch nie getanzt! Trotz des angekündigten Niederschlages und langer Schlangen vor dem Stand für das begehrte Gulal-Farbpulver, das mit 2 Euro je Tüte nicht gerade günstig war, tanzten sich die Besucher warm für den Höhepunkt um Punkt 15 Uhr. Dann wurden kollektiv die Farbbeutel geöffnet und die Stimmung kochte über, als die Tanzenden in einer riesigen Wolke aus bunten Farben gehüllt waren. Selbst als der vorhergesagte Regen kurzzeitig gnadenlos über dem Festival-Gelände niederging, tanzte die Mehrheit durchnässt und bunt gefärbt einfach weiter.
Der Reiz der ganzen Veranstaltung liegt wohl darin, sich wie ein Kind einfach von Kopf bis Fuß einzusauen. Und weil es so einen Spaß macht, sind alle daneben auch dran. Besonders cool waren die Farbeffekte bei jenen, die vorausschauend in weißen Klamotten kamen, so dass die Farbe in ihrer ganzen Pracht auf den T-Shirts und Hemden zurückblieb.
Die Berliner Ausgabe des Festes soll erst der Auftakt des „Holi Festivals“ in Europa sein. Wie die Organisatoren uns sagten, sollen andere deutsche Städte bereits 2012 und weitere europäische Metropolen 2013 folgen. Wundert euch also nicht, falls ihr einmal auf erwachsene Menschen treffen solltet, die von Kopf bis Fuß in Pink, Neongelb und Blau erstrahlen: It’s Holi-Festival!
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(Fotos: Aleksandra Pawlowska und Patrick Stark)