Schwerer Start für das zweite Studioalbum von Michael Angelakos‚ Passion Pit aus Cambridge, Massachusetts. Die Arbeiten am zweiten Album „Gossamer“ dauern alles in allem knapp zwei Jahre und werden von mehreren Klinikaufenthalten Angelakos unterbrochen. Der Leadsänger und für das Zweitwerk Hauptverantwortliche kommt mit dem überwältigenden Erfolg, der sich nach einem gefeierten Auftritt bei der 2009er Ausgabe der renommierten Musikkonferenz SXSW und dem Debüt „Manners“ im selben Jahre einstellt, nicht zurecht. Hinzu kommt der Vertragsabschluss beim Major Columbia Records/Sony Music so gut wie über Nacht, etliche Shows, Support für Bands wie Death Cab For Cutie und unzählige Remixaanfragen von bekannten Künstlern wie Katy Perry und Lady Gaga. Folge: Angelakos, dem bereits mit 18 eine bipolare Störung bescheinigt wurde, flüchtet sich in den Alkoholrausch und versucht sich das Leben zu nehmen. Dabei begann alles so romantisch: 2008 schenkt Angelakos seiner soon-to-be-ex zum Valentinstag Songs, die später als „Chunk Of Change“-EP letztlich weit über den Freundeskreis hinaus Anklang finden.
Das kürzlich hierzulande erschienene „Gossamer“, das zwar wie erwartet durch und durch elektronisch poppig ist, erscheint auf den zweiten Blick folgerichtig als ein fragiles, verletzliches und trotzdem auch sonnig-leichtes Album. Angelakos verarbeitet darin seine Erlebnisse der letzten Jahre und verpackt persönliche Fehlschläge, den Mythos Liebe und Sinnfragen in ein schillerndes Popgewand. Die Textzeile „I never ever want to hurt you baby / I’m just a mess with a name and price / And now I’m drunker than before they told me drinking doesn’t make me nice.“ aus „Constant Conversations“ steht exemplarisch für die unübliche Tiefe und Authentizität eines Pop-Albums. Pitchfork kürte den Song entsprechend zum „best new track“.
Mit der Single „Take A Walk“ startet das Album poppig, eingängig und optimistisch. Trickreicher wird es mit „I’ll Be Alright“ unmittelbar darauf: Der Song scheint hier aus tausenden von Puzzleteilen zu bestehen. Erst trübe, bassig und dann semi-frohgestimmt, semi-klagend wird es in „Cry Like A Ghost“, einer an eine fiktive Sylvia projizierte Ode. In „Love Is Greed“ kommen Streicher zum Einsatz, die in einer charmanten Abrechnung mit tradierter Liebe münden. Bei „It’s Not My Fault, I’m Happy“ kurz vor Schluss sieht man sich in einem schwelgerischen Roadtrip – etwas kitschig, aber aus subjektiver Sicht perfekt arrangiert und schön.
Der Sound ist insgesamt, wie auch auf „Manners“, quietschig-bunt, hyperaktiv und vielschichtig. Michael Angelakos und seine Mitstreiter Ian Hultquist, Jeff Apruzzese und Nate Donmoyer, die ihm bei der Live-Umsetzung helfen, lagern zahllose kurze Layer über-, neben-, und durcheinander, ohne dabei die Songstrukturen zu stören. Im Gegenteil: Sie bereichern sie und dürfen dafür teures Equipment benutzen. Angelakos‘ charakteristische, gepitchte Stimme leistet ihr Übriges. Mit „Gossamer“ ist Michael Angelakos und seiner Band somit ein kurzweiliges Sommeralbum gelungen, das über den Herbst bis hin zum Winter reicht.
Preview:
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Tracklist:
- Take A Walk
- I’ll Be Alright
- Carried Away
- Constant Conversations
- Mirrored Sea
- Cry Like A Ghost
- On My Way
- Hideaway
- Two Veils To Hide My Face
- Love Is Greed
- It’s Not My Fault, I’m Happy
- Where We Belong