Der Späti: Ein Ort, an dem man jederzeit all das findet, was man gerade braucht. Es gibt dort nicht nur Alkohol, Zigaretten und Zeitschriften, im Lieblingsbüdchen kann man am Sonntagmorgen auch Schrippen, die Sonntagszeitung und Zahnpasta kaufen.
Doch dieser Komfort ist nun bedroht. Seit neustem sind diejenigen Läden, die mehr als nur Milch, Brötchen, Blumen und Zeitungen verkaufen, gezwungen, sonntags zu schließen. Eigentlich sei das schon lange so festgelegt, wie Nils Busch-Petersen, Geschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg bemerkt: „Seit dem 1. Juli 1990 ist der regelmäßige Verkauf von Lebensmitteln am Sonntag nicht erlaubt. Seit diesem Zeitpunkt gilt das gesamtdeutsche Ladenschlussgesetz.“
In Berlin führte das Ordnungsamt die Kontrollen diesbezüglich aber eher halbherzig durch. Erst im Frühjahr 2012 änderte sich das, als der Betreiber eines Spätis im Prenzlauer Berg vor Gericht ging, weil er seinen Laden am 1. Mai schließen musste. An jenem Feiertag durfte ein Internetcafé, das sich direkt daneben befand, offen bleiben. Die Klage landete vor dem Oberverwaltungsgericht, welches das Gesetz bekräftigte und entschied, dass Kiez-Kioske sonntags nicht öffnen dürfen. Dies führte nun dazu, dass das Ordnungsamt die Kontrollen verschärfte. Roland Peicke, Mitinitiator der Interessengemeinschaft für Kiez-Kioske, befürchtet, dass nach dem allgemeinen Club-Sterben im Prenzlauer Berg nun die Verfolgung der Spätis beginne: „Den Inhabern dieser Kiez-Kioske wird nun gesagt: Sobald ihr einen Riegel verkauft, seid ihr außerhalb der Legitimation von Öffnungszeiten. Dann müsst ihr geschlossen haben.“
Nils Busch-Petersen hat jedoch einen Lösungsvorschlag, der vorsieht, das gesamte Ladenöffnungsgesetz zu kippen, wie viele europäische Länder es bereits praktizieren: „Ich glaube, dass die Menschen die Verhältnisse ganz vernünftig alleine regulieren könnten.“ Das wiederum hält Erika Ritter, Bereichsleiterin Handel von ver.di, nicht für sinnvoll: „Wir haben nur noch einen einzigen arbeitsfreien Tag in der Woche, der geht von 0 bis 24 Uhr, am Sonntag. Der Sonntag muss geschützt werden.“
Es scheint eine verfahrene Situation zu sein – vor allem, da die Klage nun bis in die höchste Instanz getragen wurde und deren Urteil nicht mehr verändert werden kann. Roland Peicke hofft auf eine politische Entscheidung nach der Sommerpause: „Der Abgeordnete Joschka Langenbrinck (SPD) aus Neukölln engagiert sich und will, spätestens nach den Sommerferien, eine Gesetzesvorlage ins Abgeordnetenhaus einbringen, die eine Gleichstellung von Spätis und Kiezverkaufsstellen mit den Tankstellen ermöglicht.“
Also ist erst einmal warten angesagt. So lange muss man sonntags den oftmals weiten Weg zu einem geöffneten Supermarkt auf sich nehmen und hoffen, dass die Politik eine Lösung findet, die alle Betroffenen zufriedenstellt. Damit die Späti-Kultur in Berlin erhalten bleibt.
Der BLN.FM-Audiobeitrag zum Nachhören:
http://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/im-fokus-die-sonntags-ffnung