Sirenengeheul, Hupen und zum Tanzen auffordernde „Shouts“ laufen gemeinsam auf einen ekstatischen Höhepunkt zu. Wummende Bässe und Rhythmen jenseits europäischer Mainstreamkultur werden in halbminütigen Trackfragmenten stakkatomäßig durch die Anlage gepumpt. Wer Schlachthofbronx schon einmal in einem Club erlebt hat, dürfte sich lebhaft an dieses Szenario erinnern und an die einzig übrig bleibende Art, darauf zu reagieren: Richtig ausrasten oder überfordert das Handtuch werfen.
Nach ihrem Debütalbum „Schlachthofbronx“ folgt nun drei Jahre später der Nachfolger „Dirty Dancing“, auf dem Bene und Jakob alias Schlachthofbronx diese Energie auch auf langer Distanz rüber bringen wollen. Ihr durchaus ungewöhnlicher Name leitet sich laut eigener Aussage von ihrer Herkunft ab. Sie kommen aus Fürstenfeldbruck, was wohl gemeinhin auch Fürstenfeldbronx genannt wird. So also das „Bronx“ im Namen. Weiterhin kommen sie aus dem Schlachterviertel, von daher das „Schlachthof“ – zusammen „Schlachthofbronx“. Doch was für Musik soll mit diesem Künstlerpseudonym bitte verbunden werden?
Schlachthofbronx machen „Munich Bass“, was erst mal nur Rückschlüsse auf die geographische Verortung ziehen lässt. Am ehesten ist „Munich Bass“ vergleichbar mit dem Genre „Global Ghettotech“, bei dem Rhythmen und andere Kernelemente von Genres wie Cumbia, Reggaeton, Dancehall, Kuduro oder Reggae genommen werden und mit einer LKW-Ladung elektronischer Subbässe und Bassdrums aufgepumpt werden, sodass clubtaugliche Hedonistenstampfer daraus werden. Einer der erfolgreichsten Wegbereiter ist Diplo, eine Hälfte von Major Lazer und Labelchef von Mad Decent, auf dem Schlachthofbronx im vergangenen Jahr zwei Maxis herausbrachten.
Auf „Dirty Dancing“ grasen auch die Münchner von Dancehall über Reggaeton bis hin zu Cumbia und Footwork verschiedene Musikgenres ab. Das Album beginnt mit „Slowine“, einem langsam stampfenden Track, der gleich klar macht, um was sich die folgenden zwölf Tracks drehen: immer schön die Hüfte kreisen. Auszüge aus dem Vokabular der Tracks: dicks, pussies, asses oder titties. Im Kontext dieses hedonistischen Allerweltsraves kann diese textliche Flachheit aber entschuldigt werden. Es geht eben um Tanzen auch oder vor allem im sexuellen Kontext. Nicht umsonst haben Schlachthofbronx unter anderem mit dem Ghetto-Tech-Pionier DJ Assault und Warrior Queen slackness-sichere Vokalisten engagiert, die sich auf sexuelle Texte verstehen.
Es geht bei all dem weniger um „ernsthafte“ Tanzmusik als vielmehr um Spaß, der in den abwechslungsreichen und kurzen Tracks (nur einer überschreitet die Vier-Minuten-Grenze) spürbar ist. Nach billigem Prollrave klingt es jedenfalls nie – auch, wenn die Masse an Sirenen und übertrieben aufdringlichen Stakkatotröten manchmal nerven kann. „Dirty Dancing“ ist nicht unbedingt für das Wohnzimmer gemacht, sondern viel mehr für die sexuell aufgeladene Umgebung eines Clubs. Und da wiederum für diejenigen, die mal ordentlich abraven wollen.
Preview:
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Tracklist:
- Slowine
- Juego (feat. Doubla J)
- Agwaso
- Touch Your Toes (feat. Natalie Storm)
- Apizaco
- That G-String Track
- One Hand (feat. Puppetmastaz & Doubla J)
- Singstar (feat. Gnucci Banana)
- Waistline
- Dickie Riddim (feat. Warrior Queen)
- Every Day Of The Week (feat. DJ Assault)
- Copenhagen