Mit Comics verhält es sich ähnlich wie mit Basecaps, Nike-Turnschuhen oder Hornbrillen. Was vor ein paar Jahren noch als prollig oder nerdig abgestempelt wurde, ist heute schwer angesagt. Auch das Interesse für Comics steigt seit ein paar Jahren wieder an. Verlage und Händler bleiben nicht untätig und organisieren seit dem Jahr 2010 in Deutschland, Österreich und der Schweiz den„Gratis Comic Tag“. Der steigt dieses Jahr am 12. Mai. Rund 30 Hefte verteilen die Verlage an diesem Tag kostenlos an die Fans. Ob der Comic-Händler bei euch um die Ecke bei der Aktion mitmacht, erfahrt ihr auf der offiziellen Website.
Natürlich ist der „Gratis Comic Tag“ eine große Marketing-Aktion – allerdings mit dem netten Nebeneffekt, dass nicht nur Marvel-Klassiker, sondern auch Independent-Comics unters Volk gebracht werden.
Neben berühmten Titeln wie „Spiderman“ finden sich im Gratis-Angebot auch solche von weniger bekannten Autoren. Wie zum Beispiel „Wave And Smile“ von Arne Jysch. Statt muskelbepackter Superhelden gibt es in seinem Comic Soldaten im Afghanistan-Einsatz zu sehen. Dabei baut Jysch keine fiktive Geschichte auf, sondern versucht das Geschehen in Zentralasien dokumentarisch und nüchtern darzustellen. Ebenso wie „Wave And Smile“ kommt auch Naomi Fearns „Zuckerfisch – On The Rocks“ ohne Superhelden aus. Stattdessen wird die Protagonistin von ihrem skurrilen Mitbewohner, einem schwulen Hasen, begleitet. Mit diesem kommentiert sie Alltagsszenen, diskutiert über Politik und Kultur.
Weniger humorvoll ist „The Walking Dead“ von Robert Kirkman und Tony Moore, zwei wahren Comic-Größen aus Amerika. Ihre Endzeitsaga schickt den Ex-Cop Rick Grimes samt Familie in den Kampf ums Überleben, nachdem ein Virus die Menschheit mehr oder weniger ausgelöscht oder in Untote verwandelt hat. In den USA wurde „The Walking Dead“ gefeiert und war der Startschuss für die auch hierzulande erfolgreiche Serie „Breaking Bad“.
Wer den Tag verpennt oder einfach immer was für Comics übrig hat, kann noch bis Ende Oktober in die Museen Dahlem gehen. Die Ausstellung „Comicleben“ gewährt Einblick in das Leben verschiedener Menschen, deren Sein und Schaffen starkt von Comics beeinflusst wird. Unter anderem sind dort Arbeiten des Illustrators Marko Djurdjevic zu finden, der als einer der wenigen Deutschen bei Marvel tätig war. Über 300 Cover zeichnete er für das Label, das mit Veröffentlichungen wie „Iron Man“, „Hulk“ und „X-Men“ zu einem der erfolgreichsten und wichtigsten im Business zählt. Besonders schön sind Ulli Lusts Zeichnungen. Sie zeigen kleine Alltagsszenen, auch aus Berlin, die auf angenehm-nette Art Szenephänomene und Trends auf die Schippe nehmen: Vermeintlich wichtige Dialoge in Cafés auf der Kastanienallee oder Szenen mit Muttis samt Kinderwagen.
Wer allerdings glaubt nur Künstler seien in der Ausstellung vertreten, der liegt falsch. So darf man beispielsweise auch einen Blick in das Leben von Nicole S. werfen, die sich als sogenannte Cosplayerin bezeichnet. Cosplay ist die Abkürzung von costume play und ist ein Trend aus Japan, bei dem sich der Mangafan nicht nur die Hefte kauft, sondern zusätzlich auch noch in die Rolle einer Figur schlüpft, indem er sich verkleidet. Sich private Fotos von Nicole anzusehen ist einerseits spannend und unterhaltsam, löst aber andererseits auch ein komisches Gefühl der Beschämung aus. Vielleicht, weil man ahnt, dass ein Großteil der Menschen sie als totalen Freak bezeichnen würde. Doch das sollte niemanden abhalten, nicht mal einen Ausflug ins ferne Dahlem zu wagen, um sich die Ausstellung anzusehen.
„Gratis Comic Tag“, am 12. Mai hier; „Comic Leben“ in den Museen Dahlem/ 5. Mai – 28. Oktober 2012/ Öffnungszeiten: Di-Fr 10 bis 18 Uhr, Sa-So 11 bis 18 Uhr/ U3 Dahlem Dorf