Die ankommende Acid-Techno-Welle Ende der 1980er Jahre erfasst auch die beiden Musikjunkies Jörg Burger und Wolfgang Voigt (Foto: v.l.n.r.). Techno und ausdauernder 4/4-Takt stehen von nun an im Mittelpunkt der Kölner Produzenten, bis heute. Nach 20 Jahren auf der technoiden Überholspur lassen es die beiden Klangtüftler allerdings nun ruhiger angehen. Schließlich würden beide „stramm auf die 50 zugehen“, wie Voigt BLN.FM am Telefon sagte.
Man könnte meinen, die Beiden sind vielleicht amtsmüde geworden. Folgende Aussage, und im Übrigen das ganze Interview, zeigen aber Gegenteiliges. Auch noch nach jahrzehntelanger musikalischer Entdeckungsreise und Ausprobieren geht das Duo beim Ambient-Projekt Mohn überaus detailversessen zu Werke: „Du kannst viel mehr in die Tiefe zwischen den Schlägen schauen und produzieren und Räumlichkeit erzeugen durch langsamere Musik.“ Die fast schon erdrückend langsamen Tracks nennen sie „entschleunigten Zeitlupentechno“, mit dem sie auf der gleichnamigen Platte im April an die Öffentlichkeit gegangen sind und auf der CTM.12 erstmals live vorstellten.
In den Anfangsjahren ging es bei Burger und Voigt vor allem minimalistisch zu. Ihrem Heimat-Label Kompakt, welches sie 1998 aus dem vorher mit ein paar Freunden betriebenen Kölner Plattenladen Delirium gründeten, wird heute die Erfindung der sogenannten „Kölner Spielart“ hinterher gesagt: klare, minimalistisch dekorierte Basslinien, Minimal Techno eben. Heute gibt’s auf Kompakt neben Techno auch viel Pop, Ambient und Experimentelles wie Mohn. „51% Techno“ müssen es dann aber am Ende doch sein, so Voigt.
Mohn gestalten Voigt und Burger zusammen, ansonsten sind die beiden als Solokünstler unter unzähligen Pseudonymen unterwegs. Aus Zeitmangel schieben sie sich Soundschnipsel, Beats und Samples hin- und her und schrauben dran rum: Burger ist eher Produzent, entwirft das Sounddesign und -strukturen. Voigt mag es nach eigener Aussage lieber „abstrakt und verschleiert“. Dieses Gegensätzliche mache den Reiz aus.
Am Ende des Interviews sprechen wir über den durch Synthies schwebenden und durch die tiefe Basslinien dumpf stampfenden Track „Ebertplatz 2020“. Inhaltlich ist der graue, trostlose Ebertplatz in Köln gemeint. Dort arbeiteten die beiden Produzenten in den 1980er Jahren im gemeinsamen Studio: „Es ist ein sehr sehr großer, sehr verbauter und ausgesprochen hässlicher, abgefuckter Platz. Mit viel verranztem Beton, mit sehr düsteren, frustrierenden U-Bahn-Passagen und Rolltreppen (….). Das hat ne gewisse morbide Faszination.“ Mit eigener Hymne sieht der Ebertplatz schon gleich viel besser aus.
Das BLN.FM-Interview mit Wolfgang Voigt zum Nachhören:
https://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/im-fokus-interview-mit-mohn-20