So war‘s: Indie-Rocker The Antlers im Berghain

„I‘d happily take all those bullets inside you and put them inside of myself“, ist womöglich die ergreifendste Liedtextzeile, die einem in den letzten Jahren untergekommen sein mag. Und das, obwohl The Antlers, die auf ihrem Durchbruch-Album „Hospice“ mit eben solchen Lyrics brillieren, musikalisch keineswegs eine Band von Traurigkeit sind. Insbesondere live nicht, wie die aufmerksamen Hörer am 24.04.12 im Berghain inmitten einer Soundkulisse von verzerrten Gitarren feststellen durften.

Was macht eine Indie-Rock-Band eigentlich im Technotempel Berghain? Diese Frage stellte sich nicht nur das Publikum, sondern selbst der Schlagzeuger Michael Lerner, den BLN.FM gestern unmittelbar nach dem Soundcheck treffen durfte: „Hab ich das richtig gehört, dass hier sonst eher DJ-Parties stattfinden?“ fragte er etwas befangen und machte auf die düstere Stimmung des Clubs aufmerksam. Selbst vor dem Hintergrund, dass sich die Musikkultur im Berghain schon seit einiger Zeit in Richtung Multidisziplinarität bewegt und somit zu jeglicher Exklusivität im Booking bereit scheint, überraschte diese Kombination. Dies trug sicherlich ebenso zur Finesse des Konzertes bei wie die Tatsache, dass The Antlers in ihrem Songwriting wuchtiger sind wie kaum eine Band dieser Tage. Zumindest, was das konzeptuelle Songwriting auf „Hospice“ betrifft, worauf der Hörer durch die tragische Biografie einer Krebspatientin bis zu ihrem Tode geführt wird – einfach monumental!

Dass ein Großteil der gespielten Tracks dem aktuellen, eher optimistisch gestimmten Album „Burst Apart“ entstammte, war wenig überraschend. Letztendlich war es genau diese Synthese aus schimmernden Dreampop-Tracks wie „French Exit“ und zentnerschweren Hospice-Kapiteln wie „Shiva“, die in Kombination mit dem umwerfenden Falsetto Silberman‘s – in der Single-Auskopplung „Every Night My Teeth Are Falling Out“ in Glanzleistung – jeden Einzelnen aus dem bunt durchmischten Publikum mit schmunzelnder Zufriedenheit in die späte Nacht fortließ. Und fast möchte man sagen, dass die industrielle Ästhetik des Berghains mindestens ebenso gut zu Rockmusik passt wie zu Techno.