Gema will bei Clubs abkassieren

Pressekonferenz der GEMA mit Georg Oeller und Bettina Mueller

Die GEMA zeigt sich reformfreudig: zum 1. Januar 2013 will die Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungsrechte die Tarifstruktur umstellen und reduziert die bisher elf Tarife für Musikveranstaltungen auf zwei. Die Gebühren richten sich in Zukunft nur noch nach Eintrittspreis und Größe der Veranstaltung. Zwei Beispiele rechnet die GEMA vor: Für eine kleine Tanzveranstaltung auf 300 qm (etwa so groß wie ein kleines 25m Schwimmbecken) und drei Euro Eintritt fallen künftig 90 Euro statt 192,80 Euro an. Für eine „Gala-Veranstaltung“, Eintrittspreis 60 Euro, Fläche 1500 qm (etwas größer als ein 50m Schwimmbecken), steigt der Betrag von 1470,70 Euro auf 9000 Euro. Wieviele Leute wirklich anwesend waren, spielt dabei künftig keine Rolle mehr.

Für Veranstalter von „3 Tage wach“-Parties, für die Berlin auf aller Welt berüchtigt ist, haben die neuen Regelungen eine besondere Überraschung in petto: der Basistarif gilt nur für Veranstaltungen, die nach fünf Stunden beendet sind. Je drei Stunden erhöhen sich die Gebühren um 50 Prozent. Neun Stunden Feierei auf 300 qm kosten dann 180 Euro, die Ersparnis im Vergleich zum alten Tarif schrumpft auf gerademal 12,80 Euro!

Die GEMA sagt, dass die neuen Tarife kleine Veranstalter entlasten sollen, während große Veranstaltungen deutlich teuer werden, und behauptet, das ganze System sei gerechter. Einige Clubbetreiber Berlins werfen der GEMA hingegen Realitätsverlust vor. “Gebührenerhöhungen von mehr als 20% von einem Jahr zum nächsten sind wirtschaftlich schwer zu tragen, Erhöhungen bis zu über 100% sind krimineller Natur!” sagt Steffen Hack, Betreiber des Watergate zu BLN.FM.

Welche Auswirkungen das neue Abgabeprinzip auf Clubs und Diskotheken haben wird, dass weiß niemand so genau. Auch die GEMA gibt zu, keine Ahnung von deren Auswirkungen zu haben. Eine Konsequenz dürfte aber sein, dass flächenmäßig große Veranstalter wie Berghain oder Weekend künftig ordentlich mehr an die Verwertungsgesellschaft zahlen müssen. Dabei geht die Neuregelung am Ziel vorbei, meint Raimund Reintjes von der Berliner Clubcommission: “Eine echte Reform würde die verkommenen, internen Strukturen überwinden, die nach wie vor dafür sorgen, dass den Schlagerproduzenten, Werbejingle-Herstellern und Klassik-Verwertern als Hauptprofiteurne des Verfahrens fast alle Gelder aus Gema-Einnahmen zufließen, während Kleinverlage und Künstler ohne Airplay und Major-Vertrag immer nur leer ausgehen können. Das wäre eine Gema-Reform. Aber davon sind wir Lichtjahre entfernt.”

Es regt sich Wiederstand gegen die neuen Tarife: der Bundesverband des Hotel- und Gaststättengewerbe schlug per Pressemitteilung Alarm, im Internet werden Stimmen für eine Onlinepetition an den Deutschen Bundestag gesammelt. Dabei ist noch nicht klar, ob die Regeln ab dem 1.1.2013 gelten werden. Die Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V., mit dem sonst solche Tarifänderungen für Veranstaltungen abgesprochen werden, hat diesmal nicht zugestimmt. Ein Schiedsstellenverfahrens wird in Betracht gezogen. Ob die GEMA von ihrem Standpunkt abrückt, ist jedoch ungewiss. Schließlich hat die GEMA bereits in einem anderen Rechtsverfahren Durchsetzungswillen gezeigt. Die Verhandlungen zwischen ihr und dem Internetportal youtube scheiterten dieses Frühjahr,  in Deutschland bleiben zahlreiche Musikvideos gesperrt.