Erfolgreich, experimentell, belgisch

Peter van Hoesen und Yves De Mey sind zwei höfliche und bisweilen sogar etwas schüchtern wirkende Menschen. Besonders Peter merkt man kaum an, dass er zur internationalen DJ-Elite gehört und Dauergast in sämtlichen renommierten Clubs der Welt ist. So wird zum Beispiel sein reduzierter und stilsicherer Entwurf von klassischem Techno seit einigen Jahren beim japanischen Labyrinth-Festival frenetisch gefeiert. Mit der 2010 auf seinem Label T2X veröffentlichten Platte „Entropic City“ ist dem Wahl-Berliner das Kunststück gelungen, diesen Sound erstmals auf Albumlänge zu bringen.

Yves kann man eher als bildenden Künstler im Bereich Techno bezeichnen, er hat sich einen Namen als Produzent von Filmscores, Soundinstallationen sowie als Komponist für Theaterperformances gemacht. Anfang des vergangenen Jahrzehnts hat er bereits Platten unter dem Pseudonym „Eavesdropper“ veröffentlicht, wobei sich sein Interesse schrittweise vom klassischen Drum‘ n’Bass in Richtung experimenteller Sounds entwickelt hat. Sein letztjähriges Minialbum „Counting Triggers“ auf dem gleichnamigen Label des gefeierten Sandwell District-Kollektivs legt davon Zeugnis ab.

Anlässlich der diesjährigen Transmediale 12 haben Peter van Hoeses und Yves De Mey ihr gemeinsames Projekt bei einer hier nachzuhörenden Live-Performance im Berghain vorgestellt. Im Gespräch merkt man den beiden ein ebenso ernsthaftes, wie emphatisches Verhältnis zu ihrer Musik unter dem Namen Sendai an. Ohne besondere Nostalgie oder Verklärung schildern die beiden ihre musikalische Prägung im Brüssel der 90er Jahre, wo sich beide in der entstehenden experimentellen Szene trafen. Wie Yves und Peter erzählen, war Brüssel zu dieser Zeit voll von klassischen „Bedroom-Producern“ und es war nicht wirklich ein großer Zufall, dass die beiden sich früher oder später in diesem Umfeld über den Weg liefen.

Am Ursprung der Kollaboration stand zunächst die fixe Idee, in sehr kurzer Zeit zusammen eine Platte aufzunehmen. Ironischerweise lag dieses Vorhaben dann einige Jahre quasi komplett auf Eis, bis das Duo in den letzten Monaten wieder verstärkt Ideen austauschte und Loops zwischen Belgien und Berlin hin- und herschickte. Schließlich verbrachte man eine sehr intensive Woche zusammen im Studio, in der die Tracks feingeschliffen und aufgenommen wurden.

Auch wenn „Geotope“ zuerst als sehr ungreifbare Platte daherkommen mag, sollte man nicht ihr Potential unterschätzen, sich im Gehörgang festzusetzen. Das gilt nicht nur für den veritablen Techno-Stomper „EP2010-4“, sondern für den ganzen Soundentwurf, der zwischen der Abstraktion von Industrial, Ambient und Noise immer wieder für sehr intensive Gänsehaut-Momente sorgt. Laut Peter und Yves war die Arbeit an der Platte als neuer kreativer Prozess sehr befreiend, jenseits des üblichen Technozirkus. Dass die beiden dennoch absolute Perfektionisten sind, zeigt sich nicht nur am hohen Grad von sympathischer Selbstreflexion, mit der sie über ihre Musik und deren Entstehung sprechen. Man hört es auch jedem Moment ihrer Platte an.

Das BLN.FM-Interview mit Sendai zum Nachhören:

http://soundcloud.com/bln-fm-im-fokus/20120405-im-fokus-sendai