John Talabot – ƒIN

Cover John Talabot fINImmer da, wo ein Künstler die Musikwelt mit unkonventionellen Sounds aufwirbelt, ist die Netzgemeinde nicht weit und erliegt dem Drang, den Musiker in Schubladen zu stecken. Auf das ja keine Unordnung entstehe! Dass diese hastigen Einordnungen in die Irre führen, kann John Talabot nur bestätigen. „Ich werde immer der House-Szene zugeordnet, dabei weiß ich nicht einmal, ob ich wirklich House mache. Manchmal ja, manchmal nein. Jedoch bezweifle ich, dass „House“ tatsächlich die einzige Beschreibung für meine Musik ist.“, sinnierte der Spanier kürzlich in einem seiner wenigen Interviews.

Dabei hat sich der Musiker, der sich hinter „John Talabot“ verbirgt, extra eine neue Identität verliehen, um unabhängig von seinen früheren Veröffentlichungen auf sich aufmerksam zu machen.  Mitte der ’00er Jahre begann er, als DJ mit entspannten und eingängigen Tracks durch die Nächte von Barcelona zu tingeln. Als die lokale Clubzene vor einigen Jahren in eine Schaffenskrise geriet, zog er sich zurück, rückte den alles übertönenden Synthesizer in die Ecke und begann, an neuen, dunklen Samples zu arbeiten. Und die Mühe hat sich gelohnt: Mittlerweile gilt der Katalane als bestes Beispiel für aufstrebende Produzenten, die eine Identität zwischen Disco, Indie Pop und House entwickeln konnten. Man kann es sich am ehesten als Mischung aus Caribou, Hercules & Love Affair und Four Tet vorstellen. Und doch ist jeder denkbare Vergleich zu kurz gegriffen. Denn auf dem kürzlich erschienenen Debütalbum „ƒIN „entwickelt sich ein eigener Sound, der sich von anderen Künstlern abzuheben versteht.

Der Opener „Depak Ine“ wird von düsteren Urwaldgeräuschen eingeleitet und später sorgsam mit selbstbewusstem Schlagzeug und ätherischen Gesängen abgemischt. Womit sogleich die auf dem Album dominierende Atmosphäre erzeugt wird: zwar geht es durchaus zielstrebig voran, jedoch stets in Begleitung einer dunklen, zweifelnden Stimme im Kopf. „Destiny“ wird sich wahrscheinlich zu einem der großen Hits des Albums entwickeln: zwischen dem gefälligen Gesang vom Madrider Pional  und der entspannten Akkordreihenfolge avanciert der Track dank der karibischen Rhythmen zur mitreißenden Tanznummer. Dass John Talabot schon sehr bald zu den herausragenden Künstlern elektronischer Musik gezählt werden wird, lässt sich an der Selbstverständlichkeit ablesen, mit der „ƒIN“ voranschreitet. Obwohl die überwiegende Zahl der Songs ohne Gesang auskommt, so verliert sich Talabot in keinen ermüdenden Wiederholungen. Was auch daran liegt, dass die Songs nicht mehr – wie früher – acht bis neun Minuten lang sind, sondern nur noch knapp die Hälfte. Auf das Wichtigste reduziert und dann weiter im Text!

Immer wieder finden sich zwischen den nebligen Instrumentalstücken fröhlich wippende Beats: wie etwa „Journeys“, die Kolaboration mit Delorean-Sänger Ekhi, das wie eine großartige  Zusammenarbeit von Dan Deacon und Panda Bear klingt; oder das mit grandiosen Streicher-Samples ausgestatte „Last Land“; oder der vielleicht beeindruckendste Song „When the Past was Present“, der leicht schräg und dank stampfenden Drums kurz vor Albumende noch einmal auf die Tanzfläche bittet.

John Talabot hat es geschafft, ein Debüt zu veröffentlichen, das viele Leute anspricht, ohne sich aber auch nur einen Moment anzubiedern. Wer das Vergnügen hat, „ƒIN“ abgeschnitten von der Umwelt mit Kopfhörern zu hören, wird auch noch beim zwanzigsten Abspielen Klangstrukturen entdecken, die ihm zuvor verborgen geblieben sind. Und eben das hebt Talabots Erstling auf ein Niveau, das in diesem Jahr noch nicht wirklich erreicht wurde.

Preview:

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Tracklist:

  1. Depak Ine
  2. Destiny feat. Pional
  3. El Oeste
  4. Oro y Sangre
  5. Journeys feat. Ekhi
  6. Missing You
  7. Last Land
  8. Estiu
  9. When The Past Was Present
  10. H.O.R.S.E.
  11. So Will Be Now… feat. Pional

(Permanent Vacation)