Umschnalldildos im Takt des Swing

Claude im Sex-Club

Während einer Taxifahrt der lesbischen Dylan (Lil Harlow) stürmt plötzlich Claudia (Papí Coxx) zu ihr ins Taxi. Sie ist mit einem Revolver bewaffnet. Als ein Präservativ über die Waffe gestülpt wird und die beiden anfangen, sich damit zu befriedigen, wird klar, dass es sich um ein erotisches Rollenspiel handelt. Trotz solcher Abenteuer ist die Beziehung von Dylan und Claudia leidenschaftslos geworden. Also beschließt Dylan, sich von Claudia zu trennen. Jene zieht von nun an durch die Sexclubs des Berliner Untergrunds und probiert sich aus. Gleichzeitig besucht Dylans Mutter (Maggie Tapert) ihre widerspenstige Tochter, um sich mit ihr zu versöhnen. Nebenbei hofft sie auch darauf, in Berlin einen Liebhaber zu finden, der sie von ihrer festgefahrenen Ehe ablenkt. Natürlich steigt Dylans Mutter ausgerechnet in dem Hotel ab, in dem auch Claudia arbeitet. Und damit beginnen die Verwicklungen und das Chaos nimmt seinen Lauf.

Die nigerianischstämmige US-Amerikanerin Cheryl Dunye gibt mit Laiendarstellern und Szene-Protagonisten einen Einblick in die Lesben-Fetischszene, der einen schlichtweg umhaut: Die zahlreichen Sex-Szenen von „Mommy Is Comming“ zeigen geradeheraus jedes Detail. Auch in Zeiten, in denen die Jugend reißerisch als „Generation Porno“ betitelt wird, ist derart explizite Pornographie in einem Spielfilm ein klarer Tabu-Bruch. Das Ergebnis ist denn auch kein Lehrfilm über gleichgeschlechtliche Liebe, sondern zeigt, was die abgebildeten lesbischen Frauen an Kostümen, Latex und Umschnalldildos (den eigentlichen Stars des Films) geil finden. Berlin ist hierbei für alle Beteiligten der Ort der unbegrenzten Möglichkeiten: modern, cool und der gleichgeschlechtlichen Liebe mit Fetisch-Neigung gegenüber sehr tolerant eingestellt. Die Parties in den Sex-Clubs scheinen kein Ende zu nehmen.

Kuckuck!

Mit fortschreitender Erzählung bedient sich der Film zunehmend Elementen der klassischen Verwechslungskomödie. Die Charaktere laufen sich unbekannterweise oder unter falschen Identitäten über den Weg – und zwar im sommerlichen, hippen Kreuzberg zu Swingmusik à la Woody Allen. Kurz darauf treiben sie es dann wieder zu hartem Techno. Gerade diese krassen Kontraste machen den Charme des Films aus. Interessant ist auch Cheryl Dunyes ungewöhnliche Methode, den Film zwischendrin zu stoppen, damit die Darsteller ihre Arbeit an der Produktion und ihre eigene Rolle kommentieren können. Mit ihrer unkonventionellen und lockeren Art kombiniert die Regisseurin verschiedenste Genre und hat damit einen jungen, frechen und daher sehr sehenswerten Film gemacht.

Mommy Is Coming, Deutschland 2012, Komödie, 65 Minuten, noch bis zum 11. April im Moviemento, Kottbusser Damm 22, Berlin-Kreuzberg, U-Bahn: Schönleinstraße und im Nomaden Kino, Warschauer Straße 83, U-Bahn: Frankfurter Tor. Mehr Infos zum Film und den Trailer gibt’s auf der offiziellen Website.