Addison Groove – Transistor Rythm

Addison Groove - Transistor Rhythm - Cover

Addison Groove aka Headhunter, bürgerlich Antony Williams, wurde 2006 als Dubstep-Produzent bekannt. Aber mittlerweile machen das ja viel zu viele: Ricardo Villalobos mischt sein Minimal mit Dubstep auf, Diplo macht Bratzen-Bass und Katy B schmachtet mit Dubstep-Anleihen in der Pop-Ecke. Zeit für was neues. Und so legte Addison Groove sein Pseudonym Headhunter ab und schlug mit seinem jüngst erschienenen Debüt „Transistor Rythm“ auf Modeselektors Label 50Weapons Seitenwege ein. Dabei beschränkt er sich nicht mehr nur auf einen Genre und liefert unter anderem Juke vom Feinsten.

Letztgenanntes Genre entwickelte sich Ende der 90er als schnelle Variante des zehn Jahre zuvor entstandenen Ghetto House. Hier wurden kurze, sexuell geprägte Texte rhythmisch wiederholt, der Körper stand ausdrücklich im Mittelpunkt. Sei es in Chicago oder in anderen US-Städten, die afro-amerikanischen Gemeinden haben den schnellen, housigen Sound mit ihren traditionellen Trommeln versetzt und für ihre Tanzwettbewerbe genutzt. Wenn afrikanische Trommeln auf dunklen Techno treffen, sind Krumping-Tänzer nicht weit. Bei diesem wiederum auf Juke aufbauenden Freestyle-Tanzstil aus L.A. stampfen die Tänzer auf, schnellen blitzartig hoch und schwingen ihre Arme. Alles ist nur wackelnder Po oder Bauch, das ganze unterbrochen von fuchtelnden Armen und Beinen. Der Hinweis in den Internet-Videos, dass die Filmchen nicht mit technischen Tricks nachträglich beschleunigt wurden, ist schon angebracht – das Tempo der Tänzer ist schwindelerregend und lässt den Zuschauer fast am Wahrheitsgehalt der Videos zweifeln. Mit seiner Doku „Rize“ setzte David LaChapelle denjenigen, die durch diesen Tanz mit der Musik eins werden, ein Denkmal.

Addison Groove beschränkte sich zwar nicht nur auf Juke, hat mit diesem Album aber auf jeden Fall eine gute Grundlage für schwitziges, enges Bootyshaking gelegt. Schon der erste Track „Savage Henry“ bringt letzteres innerhalb weniger Minuten auf den Punkt. Die tiefen Bässe erhellt Addison Groove mit Synthies, die Stimmen versteht man nicht immer und fungieren eher als Instrumente, die auch zu einem Voodooritual passen würden. Bei „Night To Remember“ oder „Sooperlooper“ spürt man, wie der begnadete DJ aus Bristol die Tracks gezielt für ein Klubpublikum zusammengestellt hat – vom Studio direkt auf den Dancefloor. Dabei weiß Addison Groove auch klangtechnisch zu überzeugen. „Ass Jazz“ oder „Incredibly Exhausted Bunny Ears“ begeistern mit einer gelungenen Balance zwischen dynamischen Tanzrhythmen und leichten, housigen Akzenten. Mit seiner 808-Drum-Machine findet er den Rhythmus, der alle zum Tanzen bewegt. Und er belässt es nicht nur dabei, sondern unterbricht die lässigeren Trommelabschnitte mit elektronischen Klängen, die schon eher Acid House zugeordnet werden könnten.

Außerdem holte er sich eine prominente Partystimme an Bord: Spank Rock, der sein zweites Album im Dezember 2011 veröffentlicht hat und für seine Feiermusik (im Interview mit BLN.FM hier) bekannt ist. Einer der wirklich keine Angst hat, zu oft „Bitch“ zu rufen. Das genau tut er auf den Tracks „Bad Things“ und „Beeps“. Indem Addison Groove nur sehr eindeutige Wörter sampelt – bei „Bad Things“ zum Beispiel „Pussy“ – scheut er sich nicht, den Zuhörer explizit auf die primitive Anziehungskraft von tanzenden Körpern hinzuweisen. Dies mag beim ersten Eindruck ein bisschen monoton wirken, sorgt jedoch viel mehr für Tanzwut. Mit Mark Pritchard hat Addison Groove „Dance Of The Women“ produziert. Das Stück besteht aus einer Mischung aus Rios Karneval und tiefen Bässen. Im Gespräch mit BLN.FM verriet Addison Groove, dass Lateinamerika ihn fasziniere, was hier deutlich zum Vorschein kommt. Das Trällern und die jauchzenden Frauen mischt er mit schnellen Beats auf – Juke im Caipirinha-Style!

Mit seinem Debüt „Transistor Rythm“ überrascht Addison Groove einerseits durch die Vielfalt der Musikrichtungen, vor allem aber auch durch die durchgehende Qualität der Stücke – der Schritt über den Dubstep hinaus ist ihm insgesamt gut gelungen. Ein Transistor dient ja eigentlich zur Verstärkung von elektrischen Signalen – Addison Groove verstärkt mit seinem High-Tech-Elektro die Dynamik der einfachen Trommeln. Und wer dabei nicht tanzt, ist selbst schuld.

Preview:

[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/addison_groove_transistor_rhythm_preview.mp3[/podcast]

Tracklist:

  1. Savage Henry
  2. Bad Things ft. Spank Rock
  3. Beeps ft. Spank Rock
  4. Rudeboy
  5. Night To Remember
  6. Sooperlooper
  7. Energy Flash Back
  8. Ass Jazz
  9. Skylight
  10. Starluck
  11. Incredibly Exhausted Bunny Ears
  12. Dance of The Women ft. Mark Pritchard
  13. Entropy

(50Weapons)