B-Parade: Wolkenschloss für den Tiergarten

Es ist mittlerweile Tradition. Auch 2012 kündigt ein Veranstalter an, auf der Straße des 17. Juni in Berlin im Juli eine Techno-Parade durchführen zu wollen. Die Pressekonferenz in einem Café am Hackeschen Markt am 6. März lässt jedoch nicht darauf schließen, dass dem Vorhaben mehr Erfolg beschieden sein wird als den glücklosen Versuchen in den Jahren zuvor.

"B-Parade"-Pressekonferenz 6.3.2012

Man kann die Uhr danach stellen. Vor ein paar Wochen kamen die ersten Gerüchte auf; es gäbe Pläne für eine neue Techno-Parade im Juli durch den Tiergarten. Seit ein paar Tagen kursiert der Link zu Seite der „B-Parade“ durch soziale Netzwerke. Die Parade mit bis zu 50 Trucks soll nach Willen der Veranstalter am 21.7.2012 im Tiergarten stattfinden. Ansonsten war man mit Informationen eher sparsam. Die Webseite verkündete lapidar den Zeitpunkt der Pressekonferenz ohne einen Ort zu nennen. Ganz schön viel Heimlichtuerei um eine Veranstaltung dieser Größenordnung.

Auf der Pressekonferenz am 6. März war dann weit und breit kein einziger Berliner Künstler und Klubbetreiber anwesend. Stattdessen Kameras und Reporter von RTL und Nachrichtenagenturen. Auf gezielte Nachfrage konnte dann “B-Parade”-Geschäftsführer Eric Nussbaum, Produzent der eingestellten Sendung Nightguide.TV im Regionalfernsehen TV.B, keine Berliner Künstler und Clubs nennen, die diese Parade unterstützen. Man hätte “Berater in der Szene”. Vielleicht meint er damit Willy Kausch, Ausrichter der jährlichen Silvesterfeier am Brandenburger Tor. Andere anderen wollen anscheinend lieber unbekannt bleiben.

Eingezäunt, Einlaßkontrollen, 480 Fressbuden

Fünfzig Trucks wollen Nussbaum und Partner auf die Loveparade-Strecke durch den Tiergarten fahren lassen. Von ihnen sollen “alle Spielarten elektronischer Musik” dröhnen, zum Ende werden sie zu einer Abschlussveranstaltung an der Siegessäule zusammengeschaltet, die auch in weitere “Partyzonen” auf der Strecke übertragen wird. Die gesamte Parade soll eingezäunt sein, Einlasskontrollen inklusive. Nussbaum und sein Sicherheitschef erwarten derzeit 350000 Besucher, eher Familien statt tanzwütige Jugend. Die Kosten für die Parade sind auf zwei Millionen Euro veranschlagt. Das Geld will Dajana Graf auslegen, die mit ihrem Catering-Unternehmen an über 480 Ständen Essen und Getränke verkaufen will.

Ansonsten lieferten Nussbaum und sein Team viel unverbindliches Werbesprech: Berlin sei eine weltoffene Metropole und das solle sich bei der “B-Parade” zeigen, wenn jedes europäische Land sich in Form eines Trucks präsentieren kann. Die Resonanz im Ausland auf die Idee sei groß, behauptete Nussbaum, es wird da wird wahrscheinlich einen “kreativen Auswahlprozess” geben müssen.

Okay, genug Versprechungen seitens der Veranstalter, halten wir mal als unbeteiligte Beobachter fest:

Ein Produzent einer TV-Sendung über „Diskotheken in der City-West“ und Rotlicht-Etablissements („Domina-Mobil: Erotik To Go“) und eine „erfolgreiche“ Catering-Unternehmerin ohne funktionierende Internetpräsenz wollen eine Großveranstaltung stemmen. Andere Beteiligte hatten bereits 2007 erfolglos versucht eine „Berlin Dance Parade“ zu organisieren. Beraten lässt man sich angeblich, aber bis auf eine Ausnahme sagt man nicht von wem. Kein Wunder, denn niemand von den etablierten Berliner Clubs oder Künstlern, auch nicht die Club Commission, wollen mit dem „neuen, internationalen Event der elektronischen Musik mit Festival-Charakter“ etwas zu tun haben. Sicherheit soll im Vordergrund stehen, für den Sicherheitschef Großkopf ist es jedoch nach eigenen Angaben der erste Auftrag dieser Größenordnung.

Wir senken bereits jetzt den Daumen und wetten, dass die „Straße des 17. Juni“ am geplanten Tag den Autofahrern gehören wird.

(Tim Thaler, Alexander Koenitz)