Denken wir mal an unsere Schulzeit zurück: Jeder von uns kann sich an die Jungs und Mädchen in seiner Klasse erinnern, die Che Guevara-T-Shirts trugen und sich mit Marx-Sprüchen auf den Schultischen verewigten. Mit ihrem idealistischen Halbwissen schwärmten sie von der bevorstehenden Revolution und ihrem ideologischen Wegbereiter. Vielleicht war auch der eine oder andere von uns selbst einer dieser Träumer. So wie Konstantin Ferstl, Absolvent der Hochschule für Film und Fernsehen München. Sein autobiografisches Spielfilmdebüt „Trans Bavaria“ ist ein heiteres Roadmovie über drei Jugendliche.
Quirinalis, das Alter Ego des Regisseurs und Hauptfigur, erzählt mit sozialromantischem Pathos eines jungen Möchtegern-Revolutionärs von den Zumutungen seiner bayerischen Heimat. Vom Wohlstand und der ländlichen Idylle gelähmt, hat niemand im Dorf Verständnis für seine Umsturzphantasien. Mit seiner ersten großen politischen Aktion auf der gediegenen Abiturfeier seines Gymnasiums verscherzt er es sich endgültig mit dem ländlichen Bildungsbürgertum. Im Stile verwegener Guerilleros stürmt er mit seinen zwei besten Freunden, Joker und Wursti, das Rednerpult um den Mitschülern ihre heuchlerische materielle Weltsicht vor Augen zu halten. Das endet mit der Vernichtung der Zeugnisse. Daraufhin entschließen sich die drei Comrades den drohenden Repressalien ihrer konservativen Heimat zu entfliehen und begeben sich in einem gestohlenen Metzgereitransporter auf eine abenteuerliche Reise nach Moskau – zu Fidel Castros letztem Auslandsbesuch.
Es beginnt ein Roadmovie mit Witz und Ironie, das jedoch allzu schnell zu einer kitschigen Liebeserklärung an die eigene bayrische Heimat mutiert. In einem entlegenen russischen Kloster treffen die Jungs auf den Exil-Wiener Trotta, der das traurige Schicksal eines gescheiterten Weltverbesserers verkörpert: Einsamkeit, Verbitterung und vor allem Heimatlosigkeit. Quirinalis Traum einer besseren, und vor allem sozialistischen Welt, verflüchtigt sich zusehends. Langsam realisiert er, dass seine starre Weltanschauung selbst seine zwei besten Freunde zu vergraulen droht. Die können noch über bayrische Klischees witzeln und gehen baden, als der Transporter den Geist aufgibt. Ohne Quirinalis, denn der ist nur vom eisernen Willen getrieben, nach Moskau zu gelangen. Dafür nimmt er auch Einsamkeit in Kauf. Doch sein Revolutionsgeist scheint eher eine inhaltsleere Selbstdarstellung zu sein, wenn der Schutzumschlag mit Marx-Porträt von Qurinalis Buch rutscht und ein Harry Potter-Roman zum Vorschein kommt.
Man wird sich als ewiger Tourist fühlen, wenn man glaube, die Heimat wäre dort, wo man sich wohl fühlt, sagt Ex-Weltverbesserer Trotta zum Schluss. Die Frage, ob das in einer globalisierten Welt eher biederes Gedankengut oder doch eine zeitkritische Beobachtung ist, bleibt dem Zuschauer selbst überlassen. „Trans Bavaria“ bietet trotz oder gerade wegen der ulkig urigen Heimatverbundenheit fantasie- und humorvolle Unterhaltung – auch wenn der bayerische Dialekt, das Sprachverständnis teilweise etwas schwierig gestaltet.
„Trans Bavaria“, Deutschland 2011, Komödie, seit dem 1. März im Kino Eiszeit, Berlin-Kreuzberg