Graffiti als Kunstform ist noch immer vielen Leuten suspekt. Dass das „Gekritzel auf Häuserwänden“ keine Kunst sei, ist eine weit verbreitete Meinung zum Thema. Die Sprühbilder, die ursprünglich als Kunstform aus der Straßensubkultur entstanden, werden häufig vorschnell mit dem Totschlagargument der Illegalität abgewertet. Der Ruf des Straßenkünstlers wird daher nicht selten gleichgesetzt mit dem eines Vandalen. Dabei wird oft vergessen, dass es jungen Künstlern einen attraktiven Zugang zu Kreativität, Selbstverwirklichung, Gruppenerfahrungen und einer Vielzahl an weiteren positiven Motivationen bietet.
Dass es sich bei Graffiti also durchaus um Kunst handelt, beweist auch der Graffitistore Yard5 und lädt auch in diesem Jahr wieder zu seiner Ausstellungsreihe „The Fence“ ein. In diesem Rahmen gibt er zwölf Talenten der internationalen Aerosolkultur, also der Streetart mittels Farbsprühdosen, die Möglichkeit, je einen Monat lang ihre Werke zu präsentieren. Die Ausstellungen wechseln monatlich über die Dauer eines Jahres; die Eröffnung findet immer am ersten Samstag des Monats statt. Die Sprayer können sich den passenden DJ zur Vernissage selbst aussuchen.
Begonnen hat die Reihe im Februar mit dem Künstler Cren, vom 3. März bis zum 6. April stellt Rosy One aus. Auf den Werken der bereits seit 1989 aktiven Schweizer Sprayerin kombiniert sie Oldschool- und Newschool-Motive, unter anderem sind ihre weltberühmten Character zu sehen. Nebenbei ist Rosy auch durch ihre Tätigkeiten als DJane und B-Girl tief mit der Hip-Hop-Kultur verwurzelt. Nach ihr wird vom 7. April bis zum 4. Mai der New Yorker Part One seine Werke im Yard5 zeigen.
Holger Weißflog von Innerfields, einem Kreativpool an Künstlern mit Streetart-Wurzeln, sagt über die die Ausstellungsreihe: „Wenn man sich für die Graffitiszene interessiert, ist ‚The Fence‘ schon immer eine schöne Sache.“ Dabei sei „die Oldschool“ stets gut vertreten, obwohl auf den Vernissagen auch viele Newschool-Writer am Start seien. „Unserer Meinung nach würden die meisten Graffitikünstler gerne ihre Werke verkaufen, finden aber nicht den richtigen Markt“, so Weißflog weiter. Bei „The Fence“ wird eben dieser Markt für die Künstler geschaffen, indem ihnen eine Plattform zur Präsentation ihrer Arbeit geboten wird.
Christian Vogler, der Geschäftführer des Yard5, möchte mit „The Fence“ auf Graffitikunst aufmerksam machen und zugleich über sie informieren. Die Ausstellungsreihe soll nicht nur Künstler und Interessenten zusammenzubringen, sondern vor allem dem Zuschauer Spaß bereiten. Vogler betont, dass es kein Fachwissen braucht, um sich an den Werken zu erfreuen. Wer unabhängig von der Ausstellung einen kleinen Einblick in die Geschichte des Graffiti bekommen möchte oder sich einen ersten Überblick über verschiedene Formen und Styles verschaffen möchte, wird im Yard5 natürlich trotzdem gut beraten.
THE FENCE – Ausstellungsreihe mit wechselnden Künstlern. Ausgestellt sind die Bilder von Rosy One bis zum 06.04.2012 im Yard 5 Graffiti Shop, Samariterstr. 5, Berlin, U-Bahnhof: Samariterstraße, geöffnet Montag bis Freitag 10-20 Uhr, Samstag 10-18 Uhr, Eintritt frei.