Ital – Hive Mind

Ital - Hive Mind

Daniel Martin-McCormick ist ein Musiker, der sich von so etwas wie Genrebarrieren, Stilgesetzen oder journalistischen Grenzhütern nicht aufhalten lässt. Aufgewachsen in Washington D.C., war er zunächst mit den Black Eyes Teil der dortigen Hardcore-Szene, begegnete dem Disco-Punk als Teil der Band Mi Ami, wurde dann zu Sex Worker auf Not Not Fun und schließlich zu Ital auf 100% Silk. Nun endlich ist er auf dem Planet Mu angekommen und hat dort sein Albumdebüt veröffentlicht.

Auf „Hive Mind“ verbindet Martin-McCormick Elemente aus Dub, Ambient, Minimal und Industrial zu seiner eigenen Version von Experimental House. Über rollende 4/4-Strukturen stülpt er flirrend schwebende Synthesizer-Figuren, webt teils dunkle Klangflächen und Basslinien, teils Muster aus minimalistischen Soundpartikeln in sie hinein. Aus wohligen House-Gefilden heraus schafft er dabei in Stücken wie „Floridian Void“ und „Israel“ Atmosphären seltsamer Unvertrautheit. Ein Gefühl der Rastlosigkeit drängt sich auf: nie kann man es sich so richtig in einem seiner Tracks gemütlich machen, immer wühlt etwas Fremdes das Bekannte auf. Ital selber sprach jüngst in einem Interview von einer Art „social alienation or bodily dissonance“, von „uncomfortable feelings“, aus denen heraus eine Menge seiner Musik entstehe. Gefühle der Entfremdung also, auch körperlicher, die sich in seinen Tracks wiederfinden.

Tatsächlich ist Itals Musik geprägt von Körperlichkeit – gepaart mit einem bemerkenswertem Ideenreichtum. Sie ist unangepasst, fügt sich nicht in ein etabliertes House-Genre, ist aber dennoch untrennbar mit dem Oberbegriff verbunden. „Hive Mind“ spielt mit Gewohnheiten, Erwartungen und Haltungen. Der Eröffnungstrack „Doesn’t Matter (If You Love Him)“ baut beispielswiese auf einem kompromisslos vorwärtsgewandten Bass und auf der endlos geloopten Stimme von Lady Gaga auf – und ein Bruchstück aus „I Will Always Love You“ von Whitney Houston selig ist ebenfalls zu finden. So extrovertiert und skurril der Opener erscheinen mag, so in sich gekehrt und fast schon zurückhaltend kommt „Privacy Settings“ daher: Bedrohlich ziehen dunkle Synths und schleppende Rhythmen wie finstere Wolken durch den Track.

„Hive Mind“ bietet Experimental House mit Tiefgang. Nach einer Message oder einer Schlüsselidee des Albums gefragt, beschrieb Ital diese als „juxtaposition of a lot of the grossness of modern life with the excitement of just enjoying life. I mean a lot of people could listen to the tracks and dance and really feel it, but at the same time I felt like the world presses on you in really intense ways.” Nicht nur diesen Gegensatz aus Hedonismus und Weltschmerz, sondern auch die Vielzahl der musikalischen Ideen bringt Ital zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Mit „Hive Mind“ liefert Daniel Martin-McCormick eine kollektive Hörerfahrung für Körper und Geist – ein beachtliches Debüt. Gerne mehr davon.

Preview:

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Tracklist:

  1. Doesn’t Matter (If You Love Him)
  2. Floridian Void
  3. Privacy Settings
  4. Israel
  5. First Wave

(Planet Mu)