Die Neue Nationalgalerie ist eigentlich nicht für ihre Parties am Samstagabend bekannt. Als am 11. Februar aber die neue Gerhard Richter– Ausstellung eröffnet wurde, standen unzählige Nachtschwärmer in der Kälte an, um einen Blick ins „Panorama“ werfen zu können. Bis zum 13. Mai hängen dort Bilder aus Richters Werk der letzten fünf Jahrzehnte.
Gerhard Richter, 1932 in Dresden geboren, ist unter den deutsche Künstlern derjenige, dessen Bilder am teuersten verkauft werden. Eines seiner 25 Kerzenbilder ist 12 Millionen Euro wert. Ein anderes hängt in der Retrospektive „Panorama“, die nach Berlin auch in London und Paris Station machen wird.
Richter floh 1961 nach Westdeutschland und hat 1964 in Düsseldorf sein Kunststudium beendet. Ihm ist die Bezeichnung „Maler“ lieber als „Künstler“. Dabei wird er für die Verschiedenheit seines Werkes, das auch Fotografie stark einbindet, international gefeiert. Nachdem er sich zuerst eher dem Neo-Dada verschrieben hatte, entwickelte Richter Anfang der 1960er eine Technik, die stark an Fotorealismus erinnert. In Auseinandersetzung mit Marcel Duchamp produzierte er Fotogemälde wie „Ema (Akt auf einer Treppe)„, mit denen er sich in der Kunstwelt einen Namen machte. Portraits, Landschaften und Gegenstände sind verschwommen, so als hätte Richter die Negative verwischt.
Seine „Rakel-Bilder“ gehen hingegen in eine andere Richtung. So nennt er selbst die riesigen Gemälde mit verkratzter Farbe. Nachdem er mehrere Schichten Farbe aufgetragen hat, schabt Richter sie mittels eines Spachtels wieder von der Leinwand. Die Bilder erzählen so ihren Entstehungsprozess mit. Fotorealismus und ultraabstraktes „Rakeln“ – gerade diese ästhetische Gegensätzlichkeit zwischen den beiden Techniken zeichnet Richter aus.
Dieser Gegensatz durchzieht Richters künstlerische Biographie und auch die Ausstellung. Aus jeder Epoche, von jedem Genre aus Richters Werk findet der Besucher eine Kostprobe. Allerdings verwirren die unterschiedlichen Facetten Richters dann doch etwas. Wie kommt es, dass selbst Exponate ein und der gleichen Schaffensphase so verschieden sind? Obwohl die Bilder chronologisch angeordnet sind, steht doch viel Unterschiedliches nebeneinander.
Der in Köln lebende Richter hat sich allerdings nie für einen einzigen Weg entschieden. Seine Ausdrucksform ist die Abwechslung. Wo die einen Kontinuität sehen, sind andere von einem durchgehend ähnlichen Stil gelangweilt.
Fehlt es ihm etwa an der nötigen Selbstkritik auch mal etwas wegzuschmeißen? Als „Picasso des 21. Jahrhundert“ wurde Richter 2004 von der britischen Tageszeitung „The Guardian“ bezeichnet. Das ist nicht unbedingt ein Lob: Picasso wurde noch zu Lebzeiten von Kunstexperten vorgeworfen, jede noch so kleine und flüchtige Skizze als eigenständiges Kunstwerk aufzuwerten, also nicht wählerisch genug zu sein. Schließlich reicht der Name „Picasso“, um eine Objekt als Kunst auszuzeichnen. Auch bei Richter gibt es keinen roten Faden, Unstetigkeit ist sein Leitmotiv. Es bleibt also spannend.
Die Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie gibt einen guten Überblick über Richters Werk. Die Weite der Fläche und das viele natürlichen Licht begünstigen die Wirkung der Gemälde. Im Rückblick über seine bedeutsamsten Schöpfungen überwiegen jedoch in der Schau genau die Höhepunkte, die viele bereits von Richter kennen. Das Déjà-vu-Gefühl trügt also nicht. Vielleicht wäre der 80. Geburtstag Richters auch die Gelegenheit gewesen, Richters weniger bekannte Bilder vorzustellen.
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Gerhard Richters „Panorama“-Ausstellung, bis zum 13. Mai, Di-So von 11 bis 18 Uhr, Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50, Berlin-Mitte, S-/U-Bahn: Potsdamer Platz