Qluster: Rufen – Fragen – Antworten

Wer die diesjährige Club Transmediale besucht hat, wird sich womöglich noch an den meisterhaften Auftritt von Qluster im Hebbel am Ufer erinnern (siehe BLN.FM-Retrospektive). Hans-Joachim Roedelius ist der Protagonist von Qluster, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1968 zurückreichen: In dem von ihm und Conrad Schnitzler gegründeten elektronischen Musiklabor Zodiak Free Arts Lab treffen die beiden Experimentierfreunde auf den Schweizer Dieter Moebius und gründen das Projekt Kluster, aus dem Schnitzler nach nur einem Jahr austritt. Roedelius und Moebius fahren als Duo fort – allerdings unter dem Namen Cluster. Nachdem sich 2010 auch Dieter Moebius ein für allemal vom Projekt verabschiedet, holt sich Roedelius den Klangkünstler Onnen Bock an Bord und verpasst dem Namen den letzten Feinschliff: Qluster. Das offizielle Debüt des Duos ist die Trilogie „Rufen – Fragen – Antworten„, dessen dritter Teil „Antworten“ kürzlich auf Bureau B erschienen ist. Höchste Zeit also, dieses Gesamtwerk genauer unter die Lupe zu nehmen.

Fragen

„Fragen“, der erste Teil der Trilogie, wird mit „Los geht‘s“ eröffnet und lässt schon erahnen, in welche Richtung sich Qluster damit bewegen möchten: sphärische Musik, die ausschließlich auf analogen Synthesizern eingespielt wurde (u.a. Industrial-Liebling Korg MS-20 und Roland Jupiter-4). Das Ergebnis sind raffinierte Klangexperimente, die sich trotz einer gewissen Geradlinigkeit in jeder Sekunde weit jenseits der Monotonie bewegen. In dem zwölfminütigen Herzstück „Wurzelwelt“ wird eine düstere Landschaft betreten, die durch Staccato-Orgelharmonien und avantgardistische Melodien ausgeschmückt wird und unendlich viel Raum zur Improvisation lässt. Gegen Ende werden orchestrale Dimensionen erreicht, die sicherlich jeden Film noir zu bereichern wüssten. Eine schöne Welt, diese Wurzelwelt!

Rufen

Auf ähnlich sphärischem Terrain bewegt sich der Nachfolger „Rufen“, der vier ebenfalls nur analog eingespielte Livemitschnitte beinhaltet. Felix Jay und Yuko Matsuzaki steuern zusätzliches Soundmaterial bei. Was auf „Live Bei More Ohr Less, Lunz August 2010“ mit meditativen, minimalen Melodien und kammermusikalisch beginnt, dehnt sich im dreiteiligen Set von „Live In Schoenberg, December 2010“ in experimentelle und psychedelische Klangpanoramen aus, die an einigen Stellen von Drones geradezu zerrissen werden. „Rufen“ ist nicht so eingängig wie der erste Teil, allerdings mit etwas Zeit umso eindringlicher.

Antworten

Schließlich folgen die „Antworten“ – nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest; verpackt in 42, nein: 50 Minuten. Es ist dieses epiphanische Gefühl, dass dieses Album hinterlässt, nachdem es wie ein Tornado durchgefegt ist. „Antworten“ wurde um Mitternacht im Keller der Berliner Philharmonie komponiert und aufgenommen – auf zwei Steinway-Pianos und auf beliebig vielen Klangschalen. Es ist ein Klavieralbum, das die Seelen eines Claude Debussy oder John Cage in Perfektion zu verkörpern weiß und daraus etwas schafft, das neu und in jeglicher Hinsicht richtungsweisend klingt: Sieben improvisierte Albumblätter, die mit jeder Taste den richtigen Nerv treffen. Der gebührende Abschluss einer Trilogie, die hoffentlich einen hartnäckigen Fleck in der Musikgeschichte hinterlassen wird.

Preview:

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Tracklist „Fragen“

  1. Los geht’s
  2. Auf der Alm
  3. Zartbitter
  4. Wurzelwelt
  5. Fünf nach Eins
  6. Haste Töne
  7. Josef Z.

Preview:

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Tracklist „Rufen“

  1. Live bei More Ohr Less, Lunz August 2010
  2. Live in Schönberg I, December 2010
  3. Live in Schönberg II, December 2010
  4. Live in Schönberg III, December 2010

Preview:

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Tracklist „Antworten“

  1. Nachts in Berlin 1
  2. Nachts in Berlin 2
  3. Nachts in Berlin 3
  4. Nachts in Berlin 4
  5. Nachts in Berlin 5
  6. Nachts in Berlin 6
  7. Nachts in Berlin 7

(Bureau B)