Wer heutzutage etwas kauft, erwirbt oft viel mehr als nur eine Flasche Wasser oder eine Packung Salami. Eine Portion gutes Gewissen gibt es häufig auch noch dazu. Egal ob ökologisch wertvoll gehandelt oder sozial engagiert, der gute Zweck spielt nebenbei eine wichtige Rolle. Und damit wird auch viel geworben. Fraglich bleibt oft, was sich hinter der Werbefassade verbirgt. Schließlich will niemand für den Erhalt des Regenwalds in Südamerika spenden und gleichzeitig durch den Kauf ein Unternehmen unterstützen, das rücksichtslos den Klimawandel vorantreibt. Schnell entsteht der Eindruck, dass der gute Zweck nur vorgetäuscht ist, um die Verkaufszahlen zu steigern.
Und doch gibt es Betriebe, die sich nicht nur sozial engagieren, um Reputation und Gewinn zu steigern. Im Gegenteil: manche Firmen sind sogar hauptsächlich dafür gegründet worden, um gesellschaftliches Engagement zu ermöglichen. Das Unternehmen Quartiermeister ist so ein Beispiel. Diese Firma verkauft nicht irgendwelche Ökofilz-Taschen, die eigentlich niemand haben will, sondern – Bier. Und das beste daran: der komplette Gewinn aus dem Bierverkauf wird an Kiezprojekte gespendet. Dabei konzentriert sich Quartiermeister auf die Orte, wo das Bier am meisten getrunken wird; momentan sind das über 30 Kneipen in den Berliner Stadtteilen Neukölln, Kreuzberg und Wedding (eine genaue Auflistung gibt’s hier).
Ein Kasten „Quartiermeister“ mit zwanzig kleinen 0,33l-Bierflaschen kostet 10 €, davon gehen pro Kasten 3 € an soziale Projekte. So hat Quartiermeister in über einem Jahr insgesamt 10.000 € gespendet. Die Verteilung der Spenden übernimmt dabei ein eigens gegründeter Verein, bei dem sich jedes soziale und kulturelle Projekt um Förderung bewerben kann. Der Verein darf die Rechnungsbücher des Unternehmes prüfen und übernimmt so auch eine Art Kontrollfunktion. Denn den Quartiermeistern ist Transparenz absolut wichtig. Das gilt auch für den eigenen Umsatz: die Zahl der verkauften Kästen und die monatlichen Umsätze kann jeder auf der Homepage einsehen.
Gebraut wird das „Quartiermeister“-Bier in der Inhabgergeführten Garley-Traditionsbrauerei in Sachsen-Anhalt. Auf die Frage, weshalb nicht in Berlin produziert werde, antwortet Gründer Sebastian Jacob: „Gasthaus- und Mikrobrauereien in Berlin machen in der Regel gutes Bier und sind sehr sympathisch. Die lokale Ansässigkeit würde natürlich auch gut zu Quartiermeister passen“. Das Problem sei jedoch, dass die meisten dieser Berliner Betriebe nicht in Flaschen abfüllen oder ihre Produkte nicht pasteurisieren, was bedeutet, dass das Bier weniger lang haltbar ist. Mit Brauereien wie etwa der Kindl-Schultheiss Brauerei in Berlin, die wie etwa 40 andere Deutsche Biermarken zur Radeberger-Gruppe gehört und damit ein Teil der Oetker AG ist, möchte Quartiermeister nicht zusammenarbeiten.
Bis jetzt arbeiten alle Unterstützer und auch der Gründer selbst ehrenamtlich. Mittlerweile sei das fortlaufende Aufkommen an Arbeit hinter den Kulissen aber so groß geworden, dass der Arbeitsaufwand in einem angemessen Rahmen vergüten werden solle, so Sebastian Jacob gegen über BLN.FM. „Anders kann das Projekt nicht weitergehen.“ Deshalb zahlt Quartiermeister seit April diesen Jahres in kleinem Umfang Aufwandsentschädigungen an die Mitarbeiter.
Quartiermeister hat übrigens einen Stand auf dem Festgelände des Karnevals der Kulturen, der vom 25.05. bis zum 28.05. rund um den Blücherplatz in Berlin-Kreuzberg stattfindet. U-Bahn: Hallesches Tor oder Mehringdamm.