Dem ein oder anderen Plattensammler mag es schon ähnlich ergangen sein: Man kauft einen Tonträger aus dem Regal ganz da hinten in der Ecke, weil das Cover so hübsch oder der Titel so verheißungsvoll wirkt – und zuhause entdeckt man dann, dass die Musik eigentlich unhörbar ist. Meist kein Grund zum Ärgern, denn immerhin ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man eine diskophile Rarität erworben hat. Auf eben diese Weise gelangte zum Beispiel vor Jahren die Noise-EP der „Syncopated Elevators Legacy“ mit dem schönen Titel „An Heliocentric Saltbox“ in den Besitz des Rezensenten. Und über die Lust am Namen kam auch der Rezensionsauftrag für die Werkschau „Inner Self Globophobic Clown Tester“ des Labels Wildrfid zustande. Wie es der Zufall will, ähneln sich die beiden Titelmonster auch musikalisch.
Die clowneske Compilation versammelt nämlich dreizehn abstrakte, experimentelle und noisige Stücke in sich, die nur mit viel Lust aufs Verschrobene in einem Stück wegzuhören sind. Das Klangspektrum bewegt sich dabei stets zwischen Bits und Chips, zwischen Samples aus der Stadt oder von Barney, dem anstrengenden Dinosaurier, zwischen Übersteuerung und Wahnsinn. Es gibt Momente des Glitch und der Clicks & Cuts, manchmal blitzen Melodien auf, hin und wieder schält sich sogar ein Beat aus dem Durcheinander, der die Hörgewohnheiten nicht direkt durchkreuzt. Insgesamt aber bleibt es sperrig; ein roher, wilder Dschungel der Inspirationen tut sich auf, der einen wunderbaren Soundtrack abgegeben hätte zum „Fischgrätenmelkstand„, der letzten Installation in der Temporären Kunsthalle Berlin.
Das sehr junge Schweizer Label Wildrfid bietet mit seiner ersten Compilation (und seiner fünften Veröffentlichung überhaupt) einen Einblick in seine geheimnisvolle Welt, die sich auch in der schrägen und wortkargen Website ausdrückt. Keine Infos über die Macher, nichts über die Künstler mit so hübschen Namen wie Donald Suck, Exteenager oder Cancelled. Wer ein bisschen sucht, findet immerhin das vermutlich auf einem Berliner Küchentisch entstandene Video zu „Gumgumgaga“ von Uiutna. Selbst der Waschzettel zur Platte spricht nur von einem „mess of material“, was durchaus zutrifft. Der „Inner Self Globophobic Clown Tester“ – oder besser: dessen erster Teil, denn es wird ja mehr versprochen – ist in jedem Fall eine Ursuppe, die jetzt noch etwas bitter schmeckt und voll von bizarrem Gewürm ist. Doch genau das ist die Natur der Dinge, wenn eines Tages geflügelte Nashornfische aus dem Teich steigen sollen.
Preview:
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Tracklist:
- Exteenager – Religious Morning with Birds
- Donald Suck – Interfugue
- Cancelled – Nur
- Anita – Non Solo Emu
- Uiutna – Romantic Nit
- Exteenager – I am shy Song
- Donald Suck – Interjupe
- Uiutna – Gumgumgaga
- Bulb – Nu Rhytm
- Donald Suck – Interjuge
- GB – Kind of Glue
- GB – Titolo Fai Tu
- Cancelled – Doccia
(Wildrfid)