Zuerst soll man die Augen öffnen. „Open Your Eyes“, empfiehlt der erste Track des Albums von Blue Fields, eines kanadisch-türkisch-japanischen Kollektivs, das sich in Berlin getroffen hat, um gemeinsam sphärische Musik zu machen. Soll man die Augen öffnen, um die Geister besser zu sehen? „Ghost Story“ heißt nämlich das Werk, das etwa eine Stunde lang zur spirituellen Grenzüberschreitung einlädt.
Von sogenannten Klarträumen heißt es ja, dass sie dem Schlafenden phantastische Erlebnisse bieten – wer im Traum bemerkt, dass er träumt, kann sein Bewusstsein wach kitzeln, ohne den Körper aufzuwecken. Man bleibt im Traum und genießt grenzenlose Freiheit. Zeit und Raum spielen keine Rolle, sobald man die geistigen Augen geöffnet hat (und solange man nicht komplett erwacht, weil ein sehr diesseitiger Wecker klingelt). Ein Gedanke, der nicht nur die Autoren von „Matrix“ inspiriert hat, sondern vielleicht auch Blue-Fields-Gründer Mike Shannon, als er mit Takeshi Nishimoto und Fadila im Studio stand und an Piano, Bass und Elektronik gejammt hat. So wäre zumindest zu erklären, warum ihre Musik so unglaublich schläfrig klingt, so versunken im Strom der Gedanken.
„Ghost Story“ besteht aus 13 sehr ruhigen, fast durchgängig instrumentalen Minimal-Tracks, die mal an Deep House, mal an Ambient, mal an skandinavischem NuJazz und mal an beinahe Ibiziaesken Chill-House (ja, das gibt es scheinbar noch) kratzen. Instrumentierung und Produktion sind solide im besten Sinne; wenig sticht hervor, nichts stört den Fluss. Auch die Rhythmusnuancen geben sich sehr unaufgeregt die Klinke in die Hand, die Klanglandschaft zieht ruhig und beständig am Hörer vorbei. Der wiederum könnte sich mal in eine somnambule Hotellounge, mal in eine Ausstellung abstrakter Kunst und mal in eine etwas zu kühle Strandbar versetzt fühlen.
Oder aber tatsächlich auf eine bequeme Liege, tagträumend, wachträumend vielleicht, womöglich sogar meditierend. Denn die zweite Hälfte des Albums zieht so mächtig in die Tiefe, dass einzig solche Bewusstseinszustände der Musik angemessen wären. Im klaren Wachzustand ist das Ganze zwar schön und beruhigend, aber auch arg repetitiv und strukturlos – erkennt zumindest das kritische Auge, das mit der anfänglichen Aufforderung ja gar nicht gemeint war. Der analytische Blick ist schließlich immer dann abgewendet, wenn die inneren Augen in die Geisterwelt schauen – und dafür hat Mike Shannon mit seinen Blue Fields genau den richtigen Soundtrack geschaffen.
Preview :
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Tracklist:
- Open Your Eyes
- Sequenced Love Affair
- Best Served Cold
- Carmens Ghost
- Bones & Butterflys
- Why Continue The Lie
- New Shade of Blue
- Seven x Seven
- The Hive
- Interlude
- Eternal Fields
- That’s What It Was
- Close Your Eyes
(Haunt Music)