In China gibt es eine Pornosperre. Und das schon seit 1949. Doch es gibt in China auch Menschen, die dem verklemmten Regime den Kampf angesagt haben. Dazu zählen der in Deutschland gehypte Künstleraktivist Ai Weiwei und die Onlinebewegung „Caonima“ (Grass Mud Horse). Hinter dem Symbol des “Grasmatschpferdes”, das eigentlich ein Lama ist, kämpfen viele anonyme Aktivisten für liberaleres Internet in China. Bei der transmediale 2012 stellte Katrien Jacobs die Lage vor. Sie forscht in Hongkong auf dem Gebiet „Net Porn Studies“ und hat mit „People’s Pornography: Sex and Surveillance on the Chinese Internet“ eine Studie zum Porno-Kulturkampf veröffentlicht.
Chinas Wirtschaft boomt. Auch der Markt für Pornografie floriert. Die chinesische Regierung sorgt sich um die Moral ihrer Bürger. Sie will den Appetit der Bevölkerung auf Porno, in China umgangssprachlich als „gelbe Cybergefahr“ tituliert, zügeln. Also wird zensiert, was der Staatsapparat hergibt. Die „50 Cents Party“ bestehend aus Internetnutzern, die von Staat und Kommunistischer Partei bezahlt werden, überwacht das Internet. Die staatlich kontrollierte Nachrichtenagentur Xinhua erzählt, Porno mache impotent. Wer mit Porno erwischt wird, riskiert auch rechtliche Folgen. Erwerb und Produktion stehen unter Strafe. Dennoch blüht das Geschäft mit dem Sex sowohl in illegalen Läden als auch im Internet. Allein im Jahr 2009 gab es 66 Millionen konfiszierte illegale Publikationen bei einer Einwohnerzahl von cirka 1,3 Milliarden Einwohnern.
Was gucken die Chinesen? Neben dem typisch asiatischen Schulmädchenpornos gibt es beispielsweise kulturelle Besonderheiten wie den Porno-Fetisch „Futanari„, was auf japanisch „Hermaphrodit“ bedeutet. Stars dieses dem Hentai-Porno zugehörigen Genres sind Mädchen mit Penis, sogenannte „Dickgirls“. Als Heldinnen in Mangas oder Animes sind sie auch in Japan sehr beliebt. Neben diesen Hybridwesen gibt es noch „Boys‘ Love„: Sexfilme, bei denen Beziehungen zwischen Männern im Vordergrund stehen. Obwohl es hierbei um Liebesbeziehungen zwischen Schwulen geht, sind sowohl Autorinnen als auch die Hauptzielgruppe, die als “Rotten Girls” bezeichnet werden, weiblich. In Internetforen diskutieren die Frauen diese Filme bis ins kleinste Detail.
Die chinesische Regierung traut ihren Bürgern den Umgang mit Pornos nicht zu. Im Juli 2009 beschloß sie, dass auf allen chinesischen PCs die Software “Green Dam Youth Escort” vorinstalliert werden sollte, welche unzüchtige Texte und Porno-Bilder wegfiltert. Die Onlinebewegung „Grass Mud Horse“ stellte sich dem entgegen. Schon der Name ist ein Wortspiel, in Mandarin bedeutet „Cao ni ma“ sowohl “Grasmatschpferd” als auch „Fuck Your Mother!“. Seit 2009 verbreiten sich Bilder und Videos mit dem titelgebenden Tier im Netz – und machten es dadurch zu einer Ikone des Widerstands gegen die Zensur. Sogar Ai Weiwei lieferte gleich zu Anfang des Hypes 2009 seinen Kommentar in Form eines Fotos ab, auf dem er seine Genitalien mit einem „Caonima“, dem „Grass Mud Horse“, verdeckt.
So drollig das Maskottchen auch anmutet, in China steht es symbolisch für die Ablehnung von Internet-Zensur. Einen Teilerfolg konnte die Internet-Bewegung erzielen: die Porno-Filtersoftware ist für private PCs in China nicht mehr obligatorisch, wer zu Hause Porno aus seinem Internet wegfiltert, der tut’s freiwillig.