Yusuke Tsutsumi ist ein Rätsel. Er schreibt alle seine Songs selbst und hantiert dabei höchstpersönlich mit Synthesizer, Gitarre, Klavier und Mikrophon herum. Mehr als die Tatsachen, dass er 1991 in Tokyo geboren wurde, bereits im zarten Alter von 14 Jahren mit der Musik begann und tumblr gerne mit Fernweh auslösenden Bilder füllt, gibt er auf seiner Webseite nicht preis. Aber Wunderkinder, die solche Werke schaffen, dürfen so sein.
Sein neues Album „A Grave By The Sea“ beweist wieder einmal, wie wunderschön und ergreifend das Einfache sein kann. Zwölf minimalistisch gestaltete Stücke ganz ohne Hektik, die nur eine große Frage in den Raum stellen: ist das eigentlich Ambient? Oder etwa Contemporary Classical Music? Die Antwort liegt wohl irgendwo dazwischen.
Ein beständiges Rauschen durchzieht einige der Stücke, so dass man beim Durchhören des Albums immer wieder denkt, an der gleichen Stelle wie schon vor ein paar Minuten oder gar Stunden angekommen zu sein. Ein Gefühl der Auswegslosigkeit entsteht, das sich perfekt in die gesamtdüstere Aura einfügt. Sex, Abschied, Zerstörung und Tod sind die tonangebenden Themen, die mit Titeln wie „Pornstar“ und „Requiem for You“ unmissverständlich aufgezeigt werden. „The Strip Club“ ist definitiv nicht als Soundtrack zu einer heißen Show gedacht, sondern spiegelt mit der Kombination aus treibenden Drums und melancholischer Melodie vielmehr die gemischten Gefühle des Nachtlebens wieder. Von verschiedenen Pianoklängen getragen wird „I’ve Killed My Baby Boy Today“, das außerdem mit einer repetitiven, nachhallenden Klagestimme aufwartet und mit diesem Arrangement der hier offen angesprochenen Mordthematik eine fast schon heilige Komponente zuspricht. „Flowers On The Shore“ als auf- und abtänzelnde, reine Klavier-Abschiedshymne berührt genauso wie die ähnlich gestaltete Nummer „Rooftop Song“.
Yusuke Tsutsumi schafft es mit einfachen Mitteln, sich in die Seele seines Gegenübers zu bohren und eine so bedrückte Grundstimmung zu verbreiten, dass man gar nicht mehr weiß, wohin mit seinen Emotionen. Alle, die sich sonst von der Opulenz klassischer Musik abschrecken lassen, und alle, denen Ambient manchmal zu abstrakt erscheint, sind hier an der richtigen Adresse. Tsutsumi vereint das Beste aus beiden Genres, bewegt sich dabei sicher zwischen Kunst und allgemeiner Zugänglichkeit und kreiert damit etwas, das ohne schlechtes Gewissen schon jetzt als zeitlos bezeichnet werden kann.
Preview :
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Tracklist:
- A Grave By The Sea
- The Strip Club
- Birds Flying In The Dark
- Set Fire To My Dad’s Cabin
- Golden Skyline
- Pornstar
- I’ve Killed My Baby Boy Today
- Rooftop Song
- Colorless love
- Requiem For You
- A Grave By The Sea
- Flowers On The Shore