Man erinnere sich zurück an die Zeit, als Modeselektor noch mit dem Label 50 Weapons unterwegs war, das sich als Heimathafen für exklusive White Label Releases von etablierten Künstlern einen Namen machte. So steuerten bereits Größen wie Housemeister, Marcel Dettmann und Cosmin TRG Tracks zur Compilation des Labels bei. Doch auch in Sachen Gespür für Neues waren die beiden Modeselektoren Bronsert und Szary (Hier das BLN.FM-Interview mit den sympathischen Jungs) anderen Labels um einiges voraus: Besonders aufstrebende Künstler aus dem UK-Bereich oder vom Dubstep-Sound beeinflusste Musiker hatten es ihnen angetan.
Dieses Jahr dürfte sich Modeselektors Geschmack wieder auf ein Neues bewähren. Die Veröffentlichung „They! Live“ von Doc Daneeka und Benjamin Damage liefert das Berliner Gespann ein wahren Knaller auf ihrem Label. Beide hatten vorher schon durch einzelne Releases auf 50 Weapons auf sich aufmerksam gemacht und einen kleinen Hype um ihren ersten gemeinsamen Track „Creeper“ erzielt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er seinen Weg auf das Album geschafft hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken ist er aber damit nicht das vorweggenommene Highlight.
Dass beide Briten klanglich auf spezielle Sounds setzen und nicht auf Einheitsbrei, kann man bereits beim Opener „No One“ erkennen, der sich mit Abigayl Wyles bearbeiteter Stimme à la Burial auf sphärischen Synths langsam bis zum wummernden Clubtrack aufbaut. Genau dieses Gemisch von ruhigeren und wirklich stark drückenden Stücken bringt eine erfrischende Abwechslung. Zum einen hat man mit „Deaf Siren“ und „Ellipsis Torment“ zwei wahre Clubbanger, derer man sich nicht zu düsterster Stunde im Berghain oder Tresor schämen müsste. Zum anderen bleiben da auch wunderbar ruhigere Stücke wie das groovige „Charlottenburg“ oder die weiteren beiden Stücke mit Gastsängerin Abigayl Wyles – als da wären „Halo“ und ein weiterer Höhepunkt des Albums, „Battleships“, das unverkennbare Züge von Massive Attacks Melancholie und tiefgehender Atmosphäre trägt.
Doc Daneeka und Benjamin Damage beweisen auch in der Stilwahl Mut zur Abwechslung. Es gibt an sich keinen Track, der dem anderen gleicht. Einzig Wyles als Sängerin auf drei der neun Tracks wirkt wie eine Konstante. Zwar kann man nicht leugnen, dass einige Tracks auffällige Stilähnlichkeiten zu Labelmitgliedern haben – bei „Juggarnaut“ oder „Bleach & Penicilin“ wird man nicht drumherum kommen, ein wenig an die Anfänge von Modeselektor, respektive SBTRKT zu denken -, doch verfügen alle über eine eigene Note und unterscheiden sich letztendlich von Track zu Track entscheidend, dass es der ganzen Hörfreude keinen Abbruch tun kann.
Mit „They! Live“ wurde die Messlatte für elektronische Alben dieses Jahr schon sehr früh sehr hoch geschraubt und man darf davon ausgehen, dass sich die meisten Künstler bis zum Ende des Jahres an diesem Werk messen lassen müssen.
Preview :
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Tracklist:
- No One (feat. Abigayl Wyles)
- Battleships (feat. Abigayl Wyles)
- Deaf Siren
- Creeper (Album Edit)
- Charlottenburg
- Halo (feat. Abigayl Wyles)
- Juggarnaut
- Ellipsis Torment
- Bleach & Penicilin