Geld aus dem Mülleimer

Die Toten Crackhuren im Kofferraum für "Pfand gehört daneben"

Bierflaschen können ein echtes Vermögen sein! Schließlich ist eine Flasche dank Pfand acht Cent wert. Biertrinker wissen: Schon acht Flaschen entsprechen einem neuen Bier. Viele Menschen rechnen allerdings anders: Für sie sind acht Bierflaschen eine Packung Brot bei Aldi.

Immer wieder trifft man auf der Straße Menschen, die sich durch das Sammeln von Pfandflaschen etwas Geld dazuverdienen. Doch das Durchkramen geschlossener Müllbehälter ist oft nicht nur eklig, scharfe Gegenstände im Müll gefährden auch die Gesundheit der Sammler. Mehrere Mach-mit-Aktionen wollen Flaschensammeln deshalb jetzt sicherer und einfacher machen. BLN.FM stellt zwei Kampagnen vor.

Die geklebte Handlungsanweisung

Pfand gehört daneben-AufkleberEinige Berliner haben letzten Herbst die Facebook-Kampagne „Pfand gehört daneben“ gegründet und Musiker wie The Toten Crackhuren im Kofferraum oder die Beatsteaks als Botschafter gewonnen. Mittlerweile zählt die Facebook-Seite fast 9.000 Fans, täglich werden es mehr.

Die Idee der Kampagne ist einfach. Die orangenen Mülleimer der Berliner Stadtreinigung (BSR) werden mit dem Slogan „Pfand gehört daneben“ beklebt, Biertrinker sollen ihre leeren Flaschen also nicht mehr in den Mülleimer schmeißen, sondern daneben auf den Boden stellen. Pfandsammler brauchen dann nicht mehr im Müll zu wühlen, sondern können die Flaschen einfach mitnehmen. Eine Idee, die Schule macht: Jüngst sind die Aufkleber auch schon in Hamburg, München, Bremen und anderen Städten aufgetaucht – und das obwohl die Initiatoren den Aufkleber nicht verschicken, sondern nur als Vorlage zum Ausdrucken anbieten.

Doch die Aktion ist nicht ganz legal. Streng genommen ist es Sachbeschädigung, Mülleimer zu bekleben, sagt uns einer der Organisatoren, der namentlich deshalb nicht genannt werden will und eigentlich in der Werbebranche arbeitet. Das Sammeln von Flaschen aus Mülleimern ist in Berlin hingegen fast überall erlaubt, lediglich auf Bahnhöfen verbietet es die Hausordnung der Deutschen Bahn. Eine Zusammenarbeit mit der Berliner Stadtreinigung kann sich der Organisator gut vorstellen: „Es wäre toll, wenn die BSR ‚Pfand gehört daneben‘ anstatt vieler lustiger Sprüche auf ihre Mülleimer drucken würde! Liebe BSR: Wir warten auf freundliche Post von euch!“

Die Flaschenabholvermittlung

Mehr leere Flaschen als in jedem Mülleimer finden sich allerdings in so mancher Wohnung oder WG. Drei Studenten brachte das auf eine Idee: Sie entwickelten zusammen die Plattform Pfandgeben.de. Pfandsammler können sich seit Juli 2011 per SMS anonym für einen Bezirk anmelden. Wer von der Flaschenflut in den eigenen vier Wänden überfordert ist, gibt im Portal die Anzahl der Flaschen und die Region ein und bekommt dann Besuch von einem Sammler.

Pfandgeben.de läuft deutschlandweit schon in 167 Städten und 285 Bezirken. Jonas Kakoschke, einer der drei Gründer, hatte die Idee zwar ursprünglich für Studenten-WGs entwickelt, sieht aber mittlerweile noch mehr Potenzial.  „Das Projekt eignet sich auch sehr gut für Agenturen und Büros“, meint er.

Während die Projekte Solidarität und Nachhaltigkeit mit unternehmerischer Verantwortung und pragmatischer Müllvermeidung verbinden, können sie eine grundsätzliche Frage allerdings auch nicht beantworten: Warum gibt es in diesem Land überhaupt Menschen, die darauf angewiesen sind, Flaschen zu sammeln; die in den Mülleimer greifen müssen, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen?