Name: Irrelevant. Eigentlich macht der junge Mann aus Essex schon mit der Auswahl dieses Namens alles richtig. Denn wie oft lassen wir uns von ausgefallenen Titeln oder wahnwitzigen Wortspielen anlocken, um dann festzustellen, dass die dahinter versteckte Musik gar nicht ausgefallen, wahnwitzig oder sonst irgendwie bemerkenswert ist? Irrelevants Debüt „I’ll be OK“ – und die siebte Veröffentlichung auf dem Label Kokeshi – zeigt, dass man das Ganze auch umdrehen kann: So kann sich hinter einem schlichten Namen fantastische Musik verbergen.
Schon der Opener „Cosmos“ zeigt, dass man es hier nicht mit einem gewöhnlichen Album zu tun hat. Knistern, Herzschlag und ein Sendesignal, das sich ohne Antwort irgendwo in den Weiten des Alls verliert – ein mutiger Einstieg, der einen zufällig darüber stolpernden Hörer vielleicht verstört oder sogar abschreckt, im Zuge des restlichen Album aber einfach funktioniert. Denn eines haben alle 13 2-Step-Bass-Tracks gemeinsam: Sie durchzieht ein unterschwelliges Gefühl der Bedrückung und des Verloren-Seins. Echo- und Halleffekte wabern durch die Stücke, oft vernimmt man maschinenähnliche Hintergrundgeräusche, der Beat setzt immer ein bisschen später ein als erwartet, die bruchstückhaften Vocals legen sich wie ein Schleier über den Sound.
„Saigon’s Tears“ dient als Beispiel dafür, dass ein neunminütiger Track auch ohne wirklichen Höhepunkt auskommt. Eine dunkle, verzerrte Männerstimme, zaghafte Claps, eine Geschichte, die in einer fremden Sprache erzählt wird, und asiatisch angehauchte Gesänge machen sich auf einem minimalistisch arrangierten Klangteppich breit und obwohl man kein Wort versteht, fühlt man doch die tiefen Emotionen, die darin stecken. Sowieso spielt die menschliche Stimme in diesem Dark Ambient-Umfeld eine besondere Rolle. Sie unterstützt die Entwicklung von„Blame You“ zu einem tanzbaren, fast schon tech-housigen Track und weckt bei „No Love“ wahlweise The Weeknd- oder Michael Jackson-Assoziationen. Und spätestens bei „Self Harm Pt.2“ lässt sie einen stutzen: Zunächst abgelenkt durch den Anfang, der genauso gut jede Eurodance-Nummer der ’90er eröffnen könnte, ertappt man sich wenig später bei dem Gedanken „Die Vocals kommen mir doch bekannt vor!“ Das vom Chartpop verwöhnte Ohr erkennt natürlich sofort: Irrelevant hat sich tatsächlich bei Christina Aguileras „Hurt“ bedient und verkleidet die Schmonzette so gut, dass an dem leidenden Gejaule nichts mehr peinlich wirkt.
Irrelevant hat mit seinem Album ein aus der Masse heraus stechendes Werk geschaffen. Natürlich lässt sich die Nähe zu Künstlern wie Dubstep-Größe Burial (den er auch als wichtige Inspiration nennt) nicht abstreiten, aber es ist doch so: Wer heute in diesem Bereich etwas auf sich hält, kommt an Burial als Referenz nun mal nicht vorbei. Und wenn das dann so klingt wie „I’ll be OK“, dann dürfen sich gerne noch Millionen Musiker von Burial inspirieren lassen.
Preview:
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Tracklist:
- Cosmos
- No Love
- Below Zero
- Wake Up
- Eventide
- Self Harm Pt.1
- Betray
- Saigon’s Tears
- Blame You
- Better Off In Me
- Self Harm Pt.2
- Flicker
- Human Nature