Drogenrituale in der Wüste

Das französische Qualitäts-Techno-Label Infiné, musikalische Heimat von Agoria und Aufgang, hat einen Mexikaner an Bord. Cubenx erste EP datiert schon von 2007, vier Jahre danach legt er jetzt sein Debüt-Album „On Your Own Again“ vor.

Cubenx hat etwas erreicht, wovon viele mexikanischen Produzenten träumen: ein Plattenvertrag mit einem etablierten, europäischen Techno-Label. Schon früh schraubte er gerne am Rechner an eigenen Techno-Tracks herum. Doch für seine musikalische Leidenschaft fand César Urbina, wie Cubenx wirklich heißt, in seiner Heimatstadt Uruapan keine Gleichgesinnten. Neben Techno und Ambient hörte er auch viel britischen Rock, Punk und New Wave. Joy Division und New Order rotierten in seiner Musiksammlung. Schließlich zog es ihn in die Millionenstadt Guadalajara und Puerto Vallarta im mexikanischen Bundesstaat Jalisco, wo er eine Anstellung als Nachrichtentechniker fand.

Irgendwann schickte er seine Musik zu Static Discos, einem der wichtigsten mexikanischen Labels für elektronischen Musik. Labelboss Ejival war begeistert und verschickte die Musik von Cubenx an Alex Cazac und Agoria, die gerade ihr Label Infiné Music im fernen Frankreich aufbauten. Volltreffer: der epische Track „Glandula“ überzeugte und erschien 2007 auf einer EP. Nach der zweiten, „Can’t Throw A Stone“ (2008), wollte Infiné Music ein ganzes Album.

Das ist nun endlich im November 2011 erschienen. Der vormals dominierende Minimal-Techno ist kaum noch vorhanden. Stattdessen hat er auf dem Album das gemacht, was er schon immer machen wollte – ehrliche und persönliche Songs schreiben, sagt Cubenx.

Mal rockig-vernebelter Shoegaze wie bei „Locked“, mal verträumter 1980er-Sound wie bei „These Days“ mit stimmlicher Unterstützung vom Sänger Alfredo Nogueira der Gruppe Telefon Tel Aviv. Seine Lust am minimalistischem Klang lässt der Produzent trotzdem an einigen Stellen durchblicken. „Adrift At Sea“, „Sierra Madre“ und „Lovebirds“ sind allesamt gelungene Tracks, die zeigen, wie detail- und phantasiereich er seine Sounds gestaltet.

Doch nicht nur mit seiner eigenen musikalischen Handschrift prägt César sein Album, er will darin auch von Mexiko erzählen. Dabei geht’s nicht um Tequila, Sombreros oder den ständigen Drogenkrieg. Es geht vielmehr um die weniger bekannten rituellen Bräuche seiner Heimat, wie im verträumten Lied „Sueña con Venados“ (Träumen mit Rehen). Diese bunten Träume werden durch den Konsum halluzinogen wirkender Kakteen erzeugt, die die Huicholen-Ureinwohner in Zentralmexiko in Zeremonien zu sich nehmen. Ein Erlebnis mit dem Azteken-Salbei Salvia Divinorum verarbeitete er in „Grass“: Cubenx rauchte die Droge, um sich einer krassen außerkörperlichen Erfahrung auszusetzen, welche von dem Kraut ausgelöst werden kann.

Die Ballade „Mist Over The Lake“ widmet Cubenx seinem Lieblingsort, dem See Zirahuen: „Ich verbrachte viele intensive Nächte in diesem See. Morgens siehst du den Nebel über den See wabern. Das ist schwer zu vergessen. Ich habe meine psychedelischen Trips in dieser perfekten Umgebung zu den Songs verarbeitet.“ Das Zittern der Gitarren und der leichte Gesang machen den Song breit und gefühlvoll. Die Melancholie ist kaum zu ertragen.

Am 19. Dezember 2011 spielt Cubenx mit seiner Band ein paar Songs vom neuen Album im Berliner HAU als Vorband von Apparat & Band, die den Hauptteil des Abends bestreiten. Er und Sascha Ring (Apparat) haben sich 2004 in Puerto Vallarta kennengelernt, als César neugierig auf die elektronischen Musik aus Europa war. Mit seinem Album „On Your Own Again“ landet er jetzt in Berlin.

http://www.zero-inch.com/artist/Cubenx/album/On_Your_Own_Again/292612