High Places – Original Colors

Mary Pearson und Rob Barber sind High Places. Er, Bildender Künstler und Dozent, der sich musikalisch schon mit The Urxed ausprobierte, und Sie, eine am Fagott ausgebildete Musikerin, beschließen Mitte 2006 im heimischen Brooklyn, ein Duo auf die Beine zu stellen – und wenig später, nach L.A. umzuziehen. Zunächst produzieren sie einige Singles, die schon bald in gebündelter Form unter dem Titel „03/07 – 09/07“ erscheinen.

Ihr Debüt im Jahr darauf war ein selbstbetiteltes Homerecording, das seitens der Fachpresse für ordentlich Aufwind sorgte. Vergleiche mit IDM aus den Neunzigern wurden aufgetan; die Tatsache, dass Mary und Rob ihr Debüt zuhause produziert hatten, leistete ihr Übriges. Nach einer Episode der Kollaboration mit Mankind („High Places vs. Mankind“) im Jahre 2010 treten High Places mit ihrem neuen Album „Original Colors“ auf Thrill Jockey nun wieder als Duo in Erscheinung. Und bleiben somit dem Chicagoer Indie-Label treu, das illustre Künstler wie Oval und Mouse On Mars beherbergt.

High Places bedienten sich im Songwriting der Arbeitsweise des „exquisite corpse“ (oder auch „exquisite cadaver“), einer Technik, die aus dem Surrealismus stammt. Dort werden Wörter assoziativ aneinandergereiht, verdreht und wie ein Spielball zwischen den Anwesenden hin- und hergeworfen. Den Korpus der Tracks macht jedoch ohne Zweifel das musikalische Arrangement aus, das sich mit dem frühen epischen Drum’n’Bass eines Roni Size messen lassen kann und an Gang Gang Dance erinnert. Das elektroakustische Setting besteht aus einer Vielzahl an perkussiven Elementen (Banjos und Kalimbas), schweren tiefen Bässen, dem Hallraum von Tropfsteinhöhlen sowie gelegentlichen Fade-Ins und Fade-Outs, die von changierenden Sounds begleitet werden. Eine gewisse Komplexität ist nicht zu leugnen.

Marys Gesang tritt dabei, anders als auf dem Debütalbum, deutlich in den Hintergrund und lässt mehr Raum für Robs kompositorische Künste an Drumpad und Sampler, auf den er auch gewöhnliche Haushaltsgegenstände wie Plastiktüten aufgenommen hat. Die Vocals sorgen somit oftmals für eine Art sphärischer Hintergrundstimmung, die manchmal jedoch etwas gelangweilt oder emotionslos klingt.

Dennoch entsteht beim Durchhören der Platte zunächst ein positives Gefühl, ausgelöst durch den Opener „Year Off“, der eindeutig für die Tanzfläche konzipiert ist und dennoch verlangsamt und nachdenklich wirkt. Der Aufbau des Songs, der sich in verschiedene Phasen unterteilt und stets satter wird, überzeugt. Je weiter man von dort der Dramaturgie des Albums folgt, desto tiefer taucht man in den mitreißenden Klangkosmos der Band ein. Beim letzten Song „Altos Lugares“ (portugiesisch: hoch gelegene Orte) nimmt das Tempo zu und der Sound erinnert etwas an das Knight Rider-Theme. Und plötzlich ist die Party vorbei und entlässt den Hörer euphorisiert. Marys stimmliche Tristesse wirkt wie verflogen.

Gibt man sich dem Album auf seiner Gesamtlänge uneingeschränkt hin, entstehen vor dem geistigen Auge Bilder von kultisch entrückten Tänzern, die schon weit über den Zenit der Party hinaus mittags im Keller dahinsiechend der Welt vor der Haustür entgehen wollen. Eine kritische Vision, die dem anspruchsvollen Sound trotz aller Schwere und Bedrückung aber nicht gerecht wird. Die intensiven Stimmungen, die Rob und Mary hervorrufen, sind – und das ist das faszinierende – immer enorm tanzbar und in der Lage, trance-ähnliche Zustände zu generieren, ohne dabei platt zu wirken.

Preview:

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Tracklist:

  1. Year Off
  2. The Pull
  3. Sonora
  4. Ahead Stop
  5. Sophia
  6. Dry lake
  7. Morning Ritual
  8. Banksia
  9. Twenty Seven
  10. Altos Lugares

(Thrill Jockey)