Ein Gang durch die Ausstellungsräume des Pei-Baus ist wie durch die Fotoalben der eigenen Eltern zu blättern: Wir sehen junge, ausgelassene, fröhliche Menschen. Subtil klingt immer ein Stückchen Zeitgeschichte mit – nostalgische Gefühle kommen auf. Auf 1000 m² zeigt das Deutsche Historische Museum über 500 Fotografien aus dem Archiv des Deutschen Jugendfotopreises, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert.
In verschiedenen Themenfeldern wie Liebe und Miteinander, Reisen und Körperlandschaften, Porträts und Protest, Vision und Erfindung erfasst die Ausstellung „Für immer jung – 50 Jahre Deutscher Jugendfotopreis“ nahezu alle Aspekte des gesellschaftlichen Miteinanders und der Lebenswirklichkeit junger Menschen.
Sehr intim, aber auch humorvoll und ironisch, sind die Fotos dieser Ausstellung, mitten aus dem Leben der Fotografen. Bildgegenstand sind keine Models, berühmte Schauspieler oder Sänger, sondern die Fotografen selbst, Freunde und Familienmitglieder, Bekannte und Partner.
12-jährige fotografieren ihre Großmutter beim Gebissputzen, ein Pärchen räkelt sich auf lindgrünen Laken – sie halten ihre nackte Sexualität per Selbstauslöser fest. Posende Berliner Jungs vor Mauerresten, ein Fünfjähriger, der sich beim Tanzen fotografiert. : Selten veranlasst eine Ausstellung so sehr zum Schmunzeln, aber auch zum Innehalten, wie diese es tut.
Dass es den jungen Fototalenten teilweise noch etwas an den richtigen technischen Fertigkeiten mangelt, tut der positiven Gesamtwirkung der Ausstellung keinen Abbruch, denn: „Mehr als auf eine technisch perfekte Umsetzung kommt es darauf an, dass das Bild lebt. Dass es eine Geschichte erzählt und eine starke Stimmung vermittelt“, wie es auf der Internetseite des Deutschen Jugendfotopreises heißt. Dieser findet bereits seit 1961 in Deutschland statt, teilnehmen können alle jugendlichen Laienfotografen bis 25 Jahre.
Zwischen sehr beeindruckenden und auch nachdenklichen Fotografien stellt sich bei einigen jedoch Zweifel an der Wirklichkeit des Moments ein. Einwegkameras auf Parties, Reminiszenzen an Plattencover , Zukunftspessimismus und Pseudo-Nihilismus bei Titeln wie „The Waste Youth“ sprühen nun nicht gerade vor Einfallsreichtum und Authentizität.
Abgesehen von diesen einzelnen Exponaten ist „Für immer jung“ eine Ausstellung, die unverfälscht und sehr ehrlich 50 Jahre Jugendkultur widerspiegelt. Die Fotografien sind visuelle Reflexionen von Medientrends, sozialer, kultureller und ökonomischer Veränderungen in Deutschland.
Ergänzt wird die Ausstellung durch Exponate des Pendants zum Deutschen Jugendfotopreis in Ostdeutschland, dem „Leistungsvergleich der Kinder- und Jugendfotogruppen der DDR“. Hierbei handelt es sich allerdings vielmehr um Auftragsarbeiten von Schulen oder Arbeitszirkeln, als um frei geschaffene Fotografie, wodurch dieser Teil der Ausstellung leider etwas aus dem Rahmen fällt und die Konzeption unterbricht.
Letztendlich macht die Ausstellung Spaß, weil wir ein bisschen Voyeur spielen können, natürlich ohne dabei die Ästhetik der Fotografien aus dem Auge zu verlieren. Wir durchblättern unzählige Familienalben mit mehr oder weniger originellen Fotos und können seufzen, lästern und lachen.
„Für immer jung – 50 Jahre Deutscher Jugendfotopreis„ – bis zum 5. Februar 2012 , geöffnet täglich 10 bis 18 Uhr im Deutschen Historischen Museum, Unter den Linden 2, Berlin-Mitte, S-Bahn: Hackescher Markt, U-Bahn: Hausvogteiplatz, Bus: Staatsoper