Vielleicht ist das ein ganz natürlicher Reflex. In Situationen, in denen die Gesellschaft das Gefühl hat, die Regierenden tun nicht das Richtige, wird der einsame Kämpfer poetisiert, der immer mit einem Bein außerhalb des Gesetzes steht. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass der Pirat als solcher – hauptsächlich dank Johnny Depps alter Ego Capt’n Jack Sparrow – eine, wenn nicht sogar die Modefigur des noch jungen 21. Jahrhunderts ist.
So gesehen ist der Zeitpunkt, zu dem der Umweltaktivist und Filmemacher Peter Jay Brown seine Aufnahmen aus dreißig Jahren an der Seite des berüchtigten Radikal-Tierschützers Capt’n Paul Watson zu einem Kinofilm zusammenfügt, durchaus passend. „Geständnisse eines Öko-Terroristen“ ist jedoch kein gewöhnlicher Umweltfilm, in dem man mit allerhand Zahlen und Fakten um sich werfend die Schlechtigkeit der Welt an der Pranger stellt.
Dieser Film will vor allem eines: Unterhalten, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Durch Browns Kamera lernen wir die Mitglieder der zum großen Teil veganen Besatzung auf den Schiffen von Watsons Sea Shepherd Conservation Society kennen und folgen ihnen an die verschiedensten Orte der Welt. Ob nun Babyrobben auf Kanadas Eisschelfen brutal abgeschlachtet oder die Ozeane durch ruchlose Treibnetzfischer entvölkert werden, Watson und seine Crew sind immer da und versuchen Öffentlichkeit zu schaffen. Ihrer Ansicht nach setzen sie bei ihren Aktionen geltendes Recht um, das von zuständigen Behörden ignoriert werde. Wenn’s sein muss, kommt man auch schon mal mit dem Vorschlaghammer und jagt die Umweltsünder mittels einer erzwungenen Kollision aus den Fischgründen.
Dabei stehen die Aktivisten zwar nicht selten im Konflikt mit dem Gesetz, ihre moralische Integrität steht jedoch scheinbar außer Frage. Mit spöttischer Überlegenheit besiegt Watson sogar das Flagschiff der norwegischen Küstenwache. Browns Theorie dazu: „Die Küstenwache und die Marine lassen uns in Ruhe, weil wir das tun, was sie gerne täten.“
Durch die gewollt subjektive Erzählperspektive ist der Film in der Tat sehr unterhaltsam und wirkt authentisch. Dennoch stellen sich Fragen zur Begründung und Wirksamkeit dieser radikalen Tierschützer. Schließlich sind die Aktionen auch Ausdruck westlicher Arroganz: Bringt es wirklich etwas, den erkennbar armen und ungebildeten Fischern auf den Galapagos-Inseln das Fischen in einem Naturschutzgebiet in Wort und Tat zu verbieten, wenn sie davon leben? Leider tritt durch den Aufbau des Films aus zahlreichen unzusammenhängenden Episoden auch ein Verschleißeffekt hinsichtlich der Begeisterungsfähigkeit des Zuschauers für die radikalen Aktionen ein. Nichtsdestotrotz: Der Revoluzzer tief in uns wird geweckt!
Geständnisse eine Öko-Terroristen, Dokumentation, 90 min., USA 2010, seit 10.11 im Acud, Veteranenstraße 21, Berlin-Mitte, S-Bahn: Nordbahnhof, U-Bahn: Bernauer Straße und im Sputnik (OmU), Hasenheide 54, Berlin-Neukölln, U-Bahn: Südstern