Casa Del Mirto – The Nature

Casa Del Mirto ist ein Elektropop-Duo aus Trient, welches sich musikalisch im Fahrwasser des Chillwave- und NoFi-Hypes der letzten zwei Jahre bewegt. Bereits der Name des Projekts lässt vermuten, wohin die Reise geht: Nach draußen, in die Natur, in die Welt. Ok, das kann man machen, bemerkenswert ist hingegen, was für eine heterogene Clique sich hier in völlig unterschiedlichen Songs zusammengefunden hat.

Die Platte ist in zwei Hälften gegliedert: in zwei mal acht Tracks, die konzeptionell in „Act I – The Nature“ und „Act II – Behind the Nature“ gegliedert sind. Für den Hörer macht aber noch eine andere Aufteilung Sinn. Da wären nämlich einmal die Tracks im ersten Teil. Die kommen von den beiden Jungs allein und bewegen sich irgendwo zwischen 80s-Elektropop und gezähmten Trance-Synthies. Eingehüllt in die Chillwave-typischen Atmosphären und flächig verhallten Padsounds, schweben sie über langgezogenen Gesangslinien. Um es auf den Punkt zu bringen: Viele dieser Songs, wie auch die Produktion und sogar das Cover von „The Nature“, hören sich verdamm nach dem neuen Album von Washed Out an – und erscheinen deshalb vergleichsweise gesichtslos.

Der zweite Akt kommt etwas anders daher, unter anderem mit vielen Zusammenarbeiten. Freddy Rupert (Former Ghosts), Holidays, Hot Sex & High Finance, sowie Cornershop lassen die Platte nochmal spannend werden. Nicht bloß durch ihren eigenen (Gesangs-)Beitrag, sondern weil sich die Produzenten mit jedem Gast auf dessen Eigenheiten einstellen und ihre eigenen, mitunter etwas zu vorhersehbaren Ideen zurückstellen.

Beim Durchhören der Platte fragt man sich zunehmend, was die beiden Jungs aus Trient wohl mit diesem Konzept aus zwei Akten bezwecken wollten. Die erste Hälfte der Platte ist einfach langweilig – hier ist nur sehr wenig zu hören, was man nicht schon ausgiebig zu kennen glaubt. Der an sich nicht uninteressante Dualismus aus Natur und deren Reflexion wird nicht wirklich aufgearbeitet.

Es erschließt sich keine spannende inhaltliche Realisierung des Konzepts aus zwei Akten. Die Wendung besteht vielmehr darin, dass nahezu alle Tracks des zweiten Aktes wesentlich besser sind als die des ersten. Die Vorhersehbarkeit tritt zurück und es kommen noch einige gute Songs zum Vorschein. Die haben – und das macht die Verwunderung komplett – generell einen gewissen Bowie-Einschlag. „Spaceman“ und „Shout Into The Night (ft. Ruppert of Former Ghosts)“ klingen, als wäre „Hunky Dory“ kurzentschlossen in die 1980er Jahre verlegt und auf Analogsynthies intoniert worden. Merkwürdig und gut, vor allem, wenn man den recht lächerlichen Auftritt von Hot Sex & High Finance hinter sich gebracht hat: Also Dubstep können Casa del Mirto nicht. Wenn danach noch Cornershop zum Zuge kommen und in „Snap Yr Cookies“ einfach noch ein paar Jahre weitergehen und über Acid-Lines von „Thickets of Mathematics“ singen ist schon fast alles wieder in Ordnung. Bloß möchte man nicht die ganze Platte nochmal von vorn hören – höchstens den zweiten Akt.

Preview:

[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/casa_del_mirto_the_nature_preview.mp3[/podcast]

Tracklist:

  1.  Act I – The Nature
  2.  Fake
  3.  Human feelings
  4.  Child (ft. Holidays)
  5.  Expose Yourself
  6.  Ultimatum
  7.  Good boy
  8.  Don´t Let Me down
  9.  Act II – Behind the Nature
  10.  The Nature
  11.  Just Promise (feat. Freddy Rupert of Former Ghosts)
  12.  Sorry
  13.  Bulls (feat. Hot Sex & High Finance)
  14.  Spaceman
  15.  Shout Into The Night (feat. Freddy Ruppert of Former Ghosts)
  16.  Snap Yr Cookies (feat. Cornershop)
  17.  The End

(Mashhh! Records)