Dillon – This Silence Kills

Dass das Berliner Techno-Label BPitch Control berühmt ist für die fleißige Akquisition genrefremder Künstler, dürfte keine brisante Neuigkeit sein – es sei nur auf Aérea Negrot, We Love oder Telefon Tel Aviv verwiesen. Unseren Stempel mit der Aufschrift „niedlicher Drei-Akkord-Piano-Pop aus dem Video-Liebestagebuch einer jungen Träumerin“ konnten wir bisher allerdings keinem seiner Releases aufdrücken. Das soll sich nun ändern: Eine junge Künstlerin namens Dominique Dillon de Byington aka Dillon und ihr Debüt „This Silence Kills“ wollen wir – wenn auch etwas vorsichtig – mit eben dieses Etikett versehen.

Es begann verheißungsvoll, als sie vor einigen Jahren eine Rakete namens „Contact Us“ in den Soundkosmos schoss und mit einem Supportauftritt für Tocotronics „Schall & Wahn“-Tour belohnt wurde. Labels – zunächst Kitty-Yo und schließlich Ellen Alliens BPitch Control – ließen nicht lange auf sich warten, denn umwerfende Erscheinungen, wie Dillon es ohne Frage ist, sind eine Rarität. Auch das auserlesene Produktionsteam – Thies Mynther (Phantom/Ghost) und Tamer Özgönenc (MIT) – ließ Großes erhoffen. Ein bisschen wird man an die Biografie der Österreicherin Anja Plaschg und ihr Projekt Soap & Skin erinnert, die es ebenfalls mit leicht verdaulichem Klavier, Elektronik-Spielereien und vampiresker Romantik auf ein Berliner Techno-Label (Shitkatapult) schaffte.

Und nun ist man ratlos, zuweilen gar echauffiert. Zunächst aufgrund der Stimme der gebürtigen Brasilianerin, die auf „This Silence Kills“ in einem nahezu makabren Grade an Lykke Li erinnert. Dann aufgrund eines Songs namens „Thirteen Thirty-Five“, der nichts anderes sein will als Jens Lekmans „Pocketful Of Money“ – angereichert mit einer neuen, etwas unrühmlichen Singmelodie. Auf Youtube – wo diese Idee entstand – klingt so etwas vielleicht ganz niedlich. Auf einem Album jedoch grenzt es an völligem Überfluss. Und so plätschert es weiter vor sich hin – stets mit infantiler Klavierbegleitung. Auf „You Are My Winter“ werden seichte Zärtlichkeiten mit einem geliebten Alexander ausgetauscht, während „Undying Need To Scream“ Intimitäten poetischer Art enthüllt: „This must end here, before I lose myself in you.“ Auch stärkere Songs wie „Tip Tapping“ oder „Texture Of My Blood“ bleiben letztlich auf gewohntem Lagerfeuer-Niveau. Einzig „From One To Six Hundred Kilometers“ und „Gumache“ schaffen einen hohen Sprung und zeigen, dass auch in der Einfachheit Tiefe und Unergründlichkeit liegen können – nämlich dann, wenn sie wie hier ungezwungen und herzbewegend klingen. Wenn sie uns als Hörer dazu bewegen, sechshundert Kilometer zu laufen, nur um einen Moment der Entzückung zu erleben.

Dillon schließt ihr Debüt mit „Abrupt Clarity“ und ein paar lauteren Tönen und Beats ab. Eines hätte sie dabei eventuell ungesagt lassen sollen: „The louder it got, the more it seemed real.“

Preview:

[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/dillon_this_silence_kills_preview.mp3[/podcast]

Tracklist:

  1. This Silence Kills
  2. Tip Tapping
  3. Thirteen Thiry-Five
  4. Your Flesh Against Mine
  5. You Are My Winter
  6. Undying Need To Scream
  7. _________________
  8. From One To Six Hundred Kilometers
  9. Hey Beau
  10. Texture Of My Blood
  11. Gumache
  12. Abrupt Clarity

(BPitch Control)