Brandt Brauer Frick Ensemble – Mr. Machine

Statt technoider Effekte von Synthesizern und Drum-Maschinen klackern Klaviere und Glockenspiele durch das Soundbett. Selbst der Beat im 4/4-Takt wird durch Schlaginstrumente wie Pauken, Basstrommel und Becken von Hand organisiert. Dazu geben Streich- und Blasinstrumente wie Cello, Geige, Harfe, Posaune und Tuba einen weichen Kontrast und verbinden das organisierte Durcheinander zu einer groovenden Klanglandschaft.

Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick (Foto: von links nach rechts / Copyright Harry Weber) sind ausgebildete Musiker, die seit 2008 an ihrem Aufsehen erregenden Unplugged-Techno-Stil rumschrauben. Brandt und Brauer spielten während ihrer Wiesbadener Schulzeit zusammen in einer Jazz-Big-Band und produzierten später unter dem Pseudonym „Scott“ jazzige Clubsounds. Paul Frick studierte in der Zwischenzeit Komposition an der UDK Berlin und konnte mit Techno lange gar nichts anfangen: „Ich musste erst mal acht Jahre Komposition studieren, um Techno zu mögen.“, sagte er in einem Zeit-Interview. Er stieß im Internet auf die Musik der beiden anderen und schrieb ihnen eine Mail. Und dann ging alles ganz schnell. Nach ersten EPs veröffentlichte das Brandt Brauer Frick Ensemble 2010 sein Debütalbum „You Make Me Real“ (!K7).
Einen Namen für diesen Musikstil gibt es nicht wirklich. Nennen wir es mal „Organic Techno“, einem !K7-Zitat des Trios folgend: „Für uns fühlt es sich sehr natürlich an, den klanglichen Reichtum klassischer Instrumente zu benutzen, um Techno zu spielen.“ Ihr musikalisches Konzept geht voll auf, wie auch das kürzlich erschienene Album „Mr. Machine“ beweist. Für dieses haben die drei gleich noch sieben weitere Musiker eingeladen. Das Ensemble ist deutlich gewachsen, der Sound ist noch komplexer. Beats und Effekte sind klanglich perfekt eingespielt und entstehen teilweise auf ziemlich originelle Weise. „Wir preparieren unser Klavier mit Schrauben und Radiergummis, klopfen gegen jede erdenkliche Stelle eines Instruments, bis wir den einen großartigen Klang finden“, sagen sie selbst. Einzig durch den von Brauer gespielten Moog-Synthesizer wird ein Hauch analoger Elektronik beigemischt.

Hörbar stampft es im kurzen Intro „Mr. Machine“ los, die drahtigen Gelenke des imaginären Kolosses biegen sich immer stärker, bis die Saiten grausam anfangen zu quietschen. Fließend geht es in „Bop“ über, nacheinander setzen die Instrumente ein. Ein zügiges Klavier, dann ein Off-Beat, einzelne Instrumente klöppeln sich dazu, alles ein munteres Geklacker. Nach dem Zwischenspiel wird’s grooviger durch die Hi-Hat, das tiefe Cello macht es cooler, Bläser und Streicher vollenden den treibenden Sound. Bei genauem Hinhören verliert man sich im Stück, getanzt wird vor allem im Kopf. Ein großartiges Stück Musik! Nach dem lässigen „Bop“ als Einstieg in die Platte wird der Beat bei „Pretend“ zügiger und fordernder. Etwas blass wirkt allerdings der Gesang der Gastsängerin Emika, der dem aufwändigen Klangwerk nicht gewachsen scheint, oder einfach nicht passen will.

Das Album bringt wenig neues Material mit, denn neben „Bop“ und „Teufelsleiter“ sind auch die nächsten zwei Stücke „Mi Corazon“ und „You Make Me Real“ erweiterte Versionen von Tracks, die bereits 2010 erschienen sind. Besonders bei letzterem wird die Experimentierfreude des Ensembles im Umgang mit ihren Instrumenten hörbar: unheimlich brummt, zerrt und zischt es überall. Erst langsam bringen Schlagzeug und das einsetzende Klavier eine klare Farbe rein. Das rhythmische Soundbett ändert sich bis zum Ende kaum, wird dabei aber auch nicht langweiliger. Es gibt immer ein neues Geräusch zu entdecken. Auch „Mi Corazon“ baut sich langsam auf, übt sich wie die anderen Songs in minimalistischer Kleinstarbeit, übrigens auch, was die feine Dynamik der verschiedenen Lautstärken angeht.

Auch die weiteren Tracks sind bis ins letzte Detail streng durchkomponiert und bauen jeweils ihre eigene Klang- und Rhythmuswelt auf. Durch „On Powered Ground“ zieht sich ein immergleicher Beat, die darüber gelegten Effekte hören sich nach einem organischen Rave an. Markant in „Teufelsleiter“ sind die durch das Stück ballernden Pauken, die durch ein Schlagzeug unterstützt werden. Einzelne Klavierakkorde, zupfende Violinen, das tiefe Cello und brummende Bläser scheinen die Geschichte von einer unbekannten Teufelsleiter erzählen zu wollen. Die letzte Nummer „606 ’n‘ Rock ’n‘ Roll“ ist fast 23 Minuten lang, obwohl die meiste Zeit gar nichts zu hören ist. Das Soundbild wiederholt sich immer wieder, die Perfektion in den rhythmischen Details hält die Spannung hoch. Nach der langen Pause knarzen wie schon zu Anfang die mysteriösen Klaviersaiten, bis sie abrupt verstummen.

Das Brand Brauer Frick Ensemble macht weder Jazz noch Techno. Ihr ungewöhnliches Klangkonzept liegt eher irgendwo zwischen den beiden Musikstilen. So absurd die Idee anfangs erscheinen mag, mit einer dicken Tuba, einem kleinen Glockenspiel oder gar einer Geige Techno machen zu wollen. Auf Tour fühlt sich die Kombo dabei im Club genauso wohl wie im Konzertsaal. Nachdem sie 2011 schon im Berghain (Video-Ausschnitt) waren, gibt es am 18. Dezember die nächste Gelegenheit, das BBF Ensemble live in der Volksbühne zu erleben (BLN.FM wird übrigens Karten verlosen).

Preview:

[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/brandt_brauer_frick_ensemble_mr_machine_preview.mp3[/podcast]

Tracklist:

  1. Mr. Machine
  2. Bop
  3. Pretend
  4. You Make Me Real
  5. Mi Corazon
  6. On Powdered Ground (Mixed Lines)
  7. Teufelsleiter
  8. 606 ’n‘ Rock ’n‘ Roll

(!K7)