Shlohmo – Bad Vibes

Henry Laufer – alias Shlohmo –  ist jung, talentiert und macht alles andere als konventionelle Musik. Und wären diese Attribute nicht schon für viel ältere, gewöhnlichere und weniger talentierte Musiker verschwendet worden, würde die Beschreibung nicht so abgedroschen klingen. Denn vor anderthalb Jahren rieben sich Musikexperten verwundert die Augen, als der 19-jährige Kunststudent aus Los Angeles sein Debüt „Shlomoshun Deluxe“ veröffentlichte und setzten ihn unumwunden auf zahlreiche „One’s to watch“-Listen. Zwar konnten nicht alle Titel überzeugen, aber – so viel stand fest: Shlohmo ist besonders. Nun erschien sein Nachfolgewerk „Bad Vibes“ bei Friends of Friends.

„Als ich jünger war, hörte ich Sachen wie DJ Shadow, Amon Tobin und M83 mit einer filmischen Vision. Im Alter von 14 fing ich an, Musik zu machen, jedoch ohne große Absichten.“ Man braucht eine Weile, um sich in die wechselnden Rhythmen und Klangstrukturen hinein zu finden und zu erkennen, was Shlohmo unter „filmischer Vision“ versteht. Dieses Album ist wie geschaffen für den nächtlichen Kummer und die 4-Uhr-früh-Melancholie. Exemplarisch hierfür steht „Get Out“: mit Slide Guitar und  federleichten Stimmfetzen wird eine wunderbare Melodie gebildet, die durch das Schlagzeug stetig an Intensität zulegt. Erholsam wirkt die Musik nur beim ersten Anschein. Tatsächlich ist sie nervenaufreibend. So wechselt sich in „It was Whatever“ bei durchgehenden Klickgeräuschen Vogelgezwitscher mit fernöstlichen Saiteninstrumenten und choralesquem Gesang ab und man denkt: Bald schon wird die Sonne über den Dächern der Stadt aufgehen und eine weitere enttäuschende Nacht neigt sich dem Ende entgegen.

Diese Musik  braucht keine Worte, sie erklärt sich von selbst. Die Rhythmen allein sind bemerkenswert, sei es nun das tröpfelnde Klicken in „Big Feelings“ oder das akkurate Schnipsen in „Parties“ und „Places“. Doch selbst, wenn die Schläge anderen Instrumenten den Vortritt lassen, halten sich Melodie und Rhythmus die Waage. Die Abgeklärtheit, die Shlohmo ausstrahlt, ist das wirklich Erstaunliche. Wie selbstverständlich wandert der Kalifornier zwischen den Stilen: baut Lo-Fi und Hip-Hop-Elemente ein und bedient sich im Synth-Funk und Trip-Hop. „Your Stupid Face“ bildet den grandiosen Höhepunkt der Platte: zwei Minuten lässt das Schlagzeug die Gitarre und den aus einer Traumwelt stammenden Gesang gewähren, bevor es das Fass durch den immer selben Beat mit steigender Spannung zum Überlaufen bringt. Shlohmo’s Werke begeistern nicht durch überbordende Extravaganz. In der einfachen, unaufgeregten Form liegt ihre Schönheit. In dieser Nische hat er sich sein eigenes kleines Reich geschaffen und den passenden Soundtrack  zum Ende der Spätsommer-Liebelei geschrieben, der mehr mit Blues als elektronischer Tanzmusik gemein hat. Diese Einfachheit macht aus „Bad Vibes“ ein ganz großes Album.

Preview:

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Tracklist:

  1. Big Feelings
  2. Places
  3. Anywhere But Here
  4. It Was Whatever
  5. Parties
  6. Just Us
  7. Sink
  8. I Can’t See You I’m Dead
  9. Trapped In A Burning House
  10. Get Out
  11. Your Stupid Face
  12. Seriously
  13. Same Time