Auf die feine, japanische Low Blow Art: „Kibun“

„Irgendwann musst du Dich entscheiden!“ Diesen Satz haben wir, ob im Privat- oder Berufsleben, schon allzu oft gehört. Auch Unternehmen sollen sich spezialisieren, eine Nische – so klein wie möglich – finden und diese mit dem vermeintlich innovativen Produkt oder der Dienstleistung füllen.Der Franzose Guillaume besitzt den Plattenladen Staalplaat in Berlin-Neukölln und schert sich keinen Deut um solche Einschränkungen. Unter dem Namen Le Petit Mignon ist er Gastgeber diverse Veranstaltungen.  Die Bandbreite reicht von Ausstellungen bis hin zu Live-Performances von Musikern, gern auch eine Kombination aus beidem. Was den Franzosen nach Berlin gebracht hat? „Diese Stadt ist die einzige, in der ich noch mehr finden konnte als in Paris.“ Ob er damit Platten, Frauen, handgemachte Grafikdesign-Bücher oder Künstler meinte?

Mit seinem Label Le Petit Mignon veröffentlicht Guillaume Experimental- und Grindcore-Künstler und vieles, was für ihn zu Underground oder „Do It Yourself“ zählt. Genau das ist nämlich, was die Japaner als „Low Blow Art“ bezeichnen. Für diese japanische Künstler mangelt es jedoch an Möglichkeiten die eigenen Werke zu präsentieren. Doch Not macht erfinderisch: Genervt von der Ignoranz der Mainstream-Galerien stellen die Künstler in ihren Garagen aus – ganz nach dem Motto „Hauptsache meinen Freunden gefällts!“ In Berlin zeigt der Staalplaat-Laden solche Kunst.

Zur Zeit hängen zwischen den Regalen des Staalplaat einige japanische Zeichnungen und Drucke im Rahmen der Gruppenausstellung „Kibun“. Das linke, obere Bild dieser sechs Komponenten erinnert an die „Alice im Wunderland“-Raupe, die jedoch an mehr als der orientalischen Wasserpfeife gezogen haben muss. Der Künstler Pyoshifumix Taniuchi liefert so einen guten Nährboden für durchgeknallte Phantasien und Albträume.

Ein Großteil der Aufmerksamkeit fällt auf das 2 x 2 Meter große Wandplakat, welches links am Eingang hängt. Die drei japanischen Künstler Oki-Chu, Mariberos und Ruiko Kozuka haben es gemeinsam erstellt. Die drei ließen sich dabei von experimenteller Musik inspirieren. Bei der Vernissage steuerte dazu der Kurator Maruosa die musikalische „Untermalung“ selber bei. Als Laptop-Musiker ist er derzeit mit seinem Album „EXTREAM!!!!!!!!!“ (Rendarec) auf Europatour, in das ihr hier reinhören könnt.

Bei all dem Austellungs-Heckmeck kann man selbstverständlich auch an einem Samstag-Nachmittagsbummel vorbeischauen und einfach „nur“ eine Platte kaufen oder ein Buch über Grafikdesign abstauben. Das Sortiment hat sich durch die japanischen Einflüsse vergrößert. T-Shirts von Maruosas Tour sind auch erhältlich. Einen bisher unbekannten DJ entdeckt man in jedem Fall. Der nette Franzose hinter der Ladentheke hilft euch sicher beim Filtern des Angebotes.

(Fotos 1/2: Miriam Becker; Foto 3: Ruikozuka)

Kibun – Japanese LowBlow Art Exhibition in Berlin, 23.09.–16.11.2011, Staalplaat Berlin, Flughafenstr. 38, Berlin-Neukölln, U-Bahn: Rathaus Neukölln