Roberto di Gioia kann man mit Vielem in Verbindung bringen – Stillstand gehört jedoch nicht dazu. Während sich der gebürtige Mailänder früh einen Namen in der Münchner Jazz-Szene als Pianist von Klaus Doldingers „Passport“ machte, spielte er später mit Größen wie Gary Peacock, Till Brönner und The Notwist zusammen. Um sich musikalisch in anderen Sphären zu bewegen, gründete er Ende der Neunziger Marsmobil. Deren vierte Platte, die den schlichten Titel „Black Album“ trägt, hat er nun quasi im Alleingang aufgenommen.
Dabei schlägt er einen neuen Pfad ein, der sich deutlich vom hochgelobten Vorgänger „(Why Don’t You Take) The Other Side?“ abgrenzt: leichten Synth-Pop sucht man hier über weite Strecken vergeblich. „Come Mrs. Layla“ erzeugt zu Beginn eine düstere, elegische Stimmung, weicht aber bald klaren Gitarrenakkorden und di Gioias unaufgeregtem Gesang. Dies sind die zwei Pole zwischen denen das gesamte Black Album stetig oszilliert. Das großartige „Is it Tomorrow Now?“ beginnt wie ein elektrifiziertes „Scarborough Fair“, verliert sich scheinbar in zielloser Lethargie, bloß um dann mit großer Geste zurückzuschlagen, bevor es den Bogen zum Ursprung zieht und das Feuer langsam erlischt.
Nach einem kurzen psychedelischen Zwischenspiel bewirbt sich „Holy Fields“ zur Hymne von einem nicht ganz so fernen Dystopia zu werden: der beklemmende Gong der Wanduhr, das marschierende Schlagzeug, der überwältigende Synthesizer quälen den Hörer. Kubricks „Odyssee im Weltraum“ taucht vor dem geistigen Auge auf, bis Sitar und der wiederkehrende Schlag der Uhr die Erleichterung bringen, dass alles nur ein Traum war – scheinbar.
Dass der zweite Teil des Albums nicht mehr ganz so stringent und fordernd daher kommt, mag man als Schwäche sehen. Andere jedoch werden di Gioia für die entspannten Kompositionen dankbar sein. Nachdem die verzerrte Gitarre benommen ihren Platz zwischen Keyboard und Schlagzeug sucht, schiebt sich der Synthesizer spielerisch in den Vordergrund: „Genesis of the Upper Skies“ wirkt wie der kleine Bruder des Songs „Do the Joy“ von Air. Mangelnde Kreativität mag man Marsmobil dennoch nicht vorhalten. Zwar hat das Schwarze Album gewiss seine Längen, wenn es sich in schier endlosen Loops und Arpeggien verliert, doch bietet es gewiss mehr Abwechslung, als man von einem Longplayer zu erhoffen vermag.
(Text: Alexander Mattern)
Preview:
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Tracklist:
- Come Mrs. Layla
- Is It Tomorrow Now?
- The Quest
- Holy Fields
- Blast Of Silence
- The Carpenter
- Genesis Of The Upper Skies
- Unconscious Mind Behind