Wie ein geheimnisvoller, düsterer Tintenfisch hat das Krake Festival zum zweiten Mal seine Tentakel über Berlin verteilt und sich an verschiedenen Clubs der Stadt festgesaugt. Vom 15. bis zum 21. August gab es im Suicide Circus, Festsaal Kreuzberg, Chez Jacki, der Berghain Kantine und im Roten Salon zahlreiche elektronische und experimentelle Auftritte und DJ-Sets zu sehen und zu hören. BLN.FM war an vorderster Front mit dabei und hat dabei einige Perlen entdeckt.
Ein erstes Highlight war der Eröffnungsauftritt von Oval am Montag im Roten Salon: begleitet von Slo-Mo-Visuals und einer asiatischen Schattenspielerin begeisterte Markus Popp das internationale Publikum, das zu einem nicht unwesentlichen Teil seinetwegen angereist war. Auch der angenehm verwirrende Auftritt von Klaus Beyer muss zu den Höhepunkten des sehr entspannten Salonabends gezählt werden. Beyer, der kürzlich das Mammutwerk vollendet hat, sämtliche Beatles-Alben auf deutsch aufzunehmen, präsentierte sich als Ein-Mann-CD-Player-Kapelle vom Schlage eines Helge Schneider und setzte seinem Auftritt mit einer Neufassung von „Kreuzberger Nächte sind lang“ die Krone auf.
Lang waren die Nächte auch am Mittwoch in der Berghain Kantine und am Donnerstag im Festsaal Kreuzberg. Während am ersten Abend ein rein italienisches Programm mit ØE und Plaster geboten wurde, heizten am Folgetag besonders The Field und Three Trapped Tigers ein. Emika konnte die Redaktion hingegen weniger überzeugen und hat ihre Bonuspunkte eher mit ihrem Album als auf der Bühne gesammelt. Auch die Idee von DJ Scotch Egg, Musik mit ein paar Gameboys zu machen, war leider schon das Originellste an seinem Vorhaben. Obwohl er auf der Bühne alles gegeben hat, sprang der Funke nicht auf die Gäste über – zu übereifrig war das Geschrammel. Man musste schon einige Schritte zurücksetzen musste, um keinen Hörsturz zu bekommen.
Der vollgepackte Suicide Circus sah am Freitag unter anderem einen großartigen Auftritt von Legowelt sowie das vorerst letzte Live-Set von Global Goon. Die äußerst psychedelischen, geometrischen Visuals von Lasal taten ihr übriges, das aus allen Teilen Europas angereiste Publikum in den Bann zu ziehen – der Krake hatte uns bis in die Morgenstunden fest im Griff.
Am Samstag zogen Stimmung und Tempo mit Neo-Rave von Jimmy Edgar und Techno von Redshape noch einmal merklich an und füllten das Suicide erneut bis zum Rand – bevor es dann am Sonntag ganz ruhig wurde und das Festival im Chez Jacki mit Ambient und IDM seinen Ausklang nahm. Ein Höhepunkt war hier der Auftritt des schlohweißen Lars from Mars, der noch bis kurz vor seinem Set am Ufer der Spree mit seinem Publikum in Gespräche vertieft war.
So schnell und geschmeidig, wie der Krake sich angeschlichen hat, verließ er uns dann auch wieder. Das Konzept der vielfältigen Locations und des sehr breiten musikalischen Spektrums hatte schon im letzten Jahr überzeugt und sich dieses Mal bewährt: bei kaum einem anderen Festival kann man in einer Woche so viele verschiedene Eindrücke sammeln. Wir freuen uns schon auf die langen Nächte im nächsten Sommer – nicht nur in Kreuzberg, sondern an vielen Orten in ganz Berlin.