Spooky Attraction From A Distance – Sunflower Sutra

Dass New Weird Folk heutzutage gar nicht mehr so weird klingt und auch für die Masse taugt, ist Künstlern wie Joanna Newsom, Antony Hegarty oder Cocorosie zu verdanken. Die in Südafrika geborene und aufgewachsene Sängerin Juliana Venter könnte in einem Atemzug mit diesen Künstlern genannt werden – ob sie das möchte, ist allerdings eine andere Frage. Musikalisch verwandt ist ihr erstes Album „Sunflower Sutra“, das sie gemeinsam mit dem bayrischen Komponisten Joseph Suchy unter dem Namen Spooky Attraction From A Distance veröffentlicht, allemal: Die Freimütigkeit und Schönheit des 60er- und 70er-Folk gepaart mit Electronica und bizarren Field Sounds.

Doch scheint bei Juliana Venter irgendetwas anders zu sein. Vermutlich ist es ihre Biografie: Aufgewachsen in einem Land der Apartheid fand sie als Mitbegründerin des Mud Ensemble in der Musik ein Ventil zum Herausschreien der Missstände. Das Performance-Kollektiv galt in den 1990er Jahren als besonders rebellisch und politisch. Diese politische Energie spürt man auch auf „Sunflower Sutra“ von Beginn bis Ende, obwohl das Album in Berlin und London entstanden ist.

Das Duo selbst sagt, dass die zwölf Songs von Folk, Neuer Musik, Krautrock, Psychedelia und „Dadaistischer Oper“ beeinflusst sind. Klingt total schräg, ist es aber meistens gar nicht. Auch wenn Tracks wie „Voodoo Claim“ oder „Wajunga Red Dog“ mit präparierten Gitarrenriffs oder mystischem Elfen-Gesang sehr von der Komplexität Neuer Musik geprägt sind und somit eine gewisse Unzugänglichkeit ausstrahlen, ist der Großteil des Albums geprägt durch Venters kristallklare Stimme, transparente Melodien und minimalistische Arrangements. Die Texte spielen eine zentrale Rolle: So wird für „Ende des Herbstes“ ein Gedicht von Rainer Maria Rilke aus seinem „Buch der Bilder“ oder für „White Ant“ ein Text von Johan van Wyk entwendet. Und dass das Album selbst nach einem Gedicht von Allen Ginsberg benannt ist, ist mit Sicherheit auch kein Zufall.

Fazit: „Sunflower Sutra“ ist ein abstrakt-poetisches Album, das sich nicht mit purer Anmut zufrieden gibt. Das Duo sorgt dafür, dass im Elfenland – mit Juliana Venter als sympathische Protagonistin – auch das Chaos seinen Platz findet. Und auch wenn es kaum musikalische Offenbarungen zu finden gibt, ist das Gesamtkonzept dieses Albums von großer Relevanz.

Preview:

[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/spooky_attraction_from_a_distance_sunflower_sutra_preview.mp3[/podcast]

Tracklist:

  1. Voodoo Claim
  2. White Ant
  3. New Apples
  4. Ende Des Herbstes
  5. Two Black Sheep
  6. Wajunga Red Dog
  7. Earth Breathing Sun
  8. Sandbar
  9. Geisterteilchen
  10. Komkommer Toebrooidjie
  11. Sunflower Sutra
  12. The Wanderer

(Staubgold)