Aufreizende Outfits und viel Bauch, Beine, Po: Berliner „Schlampen“ marschieren quer durch die Stadt im Zeichen der sexuellen Selbstbestimmung. Parallel zum Gedenktag der Maueropfer zogen letzten Samstag beim Berliner Slutwalk etwa 1000 Demonstranten und vor allem Demonstrantinnen auf die Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen. Die Anti-Sexismus-Demo, die von Reden und Musik begleitet wurde, war inhaltlich breit gefächert: Zum Einen ging es um den Protest gegen Vergewaltigungsmythen, zum Anderen um Toleranz und Akzeptanz gegenüber sexueller Vielfalt. Ein klares Motto der Veranstaltung war bei all dem ausführlich gefeierten Exhibitionismus leider weniger erkennbar.
Die Stimmung war auf jeden Fall positiv, die Menge der „Sluts“ gutgelaunt, international und bunt gemischt: hetero-, homo- und transsexuelle Teilnehmer, die zum Teil selbst Opfer sexueller Diskriminierung geworden sind, hatten ganz persönliche Anliegen, die sie auf bunten Transparenten und Körperbemalungen kundtaten. Diese reichten von „nein heißt nein“ bis hin zu „Alles Schlampen, sogar Mutti“. Die Sonne lachte, so dass die denkbar kurzen Outfits, die viele Besucher an diesem Tag zur Schau stellten, auch funktional ihren Zweck erfüllten. Minirock, Strapse und High-Heels untermalten vielfach das Statement zur sexuellen Selbstbestimmung: „Wir können tragen, was wir wollen.“
Die Mehrzahl der Teilnehmer bezeichnete sich selbst als „Schlampe“, was zunächst irritierte, aber nach einem Blick in das „Slutwalk-Manifest“ einleuchtete: Im Allgemeinen stellt die Kategorisierung als „Schlampe“ den Versuch dar, die weibliche Sexualität zu beherrschen und zu sanktionieren. Eine Frau, die als „Schlampe“ bezeichnet wird, verliert in unserer Gesellschaft ihr Recht auf allgemeinen Respekt und erlangt den Status eines Objekts, der sie quasi zu Freiwild macht. Wenn sich jedoch jeder selbst als „Schlampe“ bezeichnet, wie auf dem Slutwalk, führt die damit einhergehende Relativierung des Begriffs zum Bruch mit sexistischen Konventionen, so die Argumentation der Veranstalter des Slutwalks.
Beim Slutwalk handelt es sich um eine mittlerweile internationale Empörungswelle, die ihren Ursprung in Toronto hat. Das Statement eines kanadischen Polizeipräsidenten, Frauen sollten sich nicht anziehen wie Schlampen, um nicht potentielle Vergewaltiger zu provozieren, war Auslöser für weltweite Proteste geworden.
(Fotos: Antonia Hanney)