Subtrakt? Steht es dafür? Meint es das mathematisch Subtrahierte, oder ist es vielleicht eine Neuschöpfung aus den Worten „Subjekt“ und „Substrat“? Es ist nicht nur der Name des Londoner Künstlers SBTRKT der Rätsel aufgibt, sondern auch sein Auftreten in der Öffentlichkeit und sein künstlerischer Werdegang, welcher mit dem Debütalbum auf XL Beggars Group/Indigo einen weiteren musikalischen Schlenker macht.
Wer in den letzten eineinhalb Jahren aufgepasst hat, hat den Hype um den Mann mit der Maske mitverfolgen können. Die facettenreiche Londoner Künstlerszene, der Aufstieg von UK-Funky wie auch der Genres „Bass“ und „Dubstep“ in die Mainstreamgefilde sind unbestreitbar begünstigende Faktoren für den jungen Produzenten gewesen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, würde so manch einer sagen, doch vergisst man dabei den Mann hinter der Maske.
Aaron Jeromes Karriere verlief bis zu seinem Erfolg unter dem Künstlernamen SBTRKT weniger erfolgreich. Bis er das maskierte Alter Ego etablieren konnte, vergingen einige Jahre im Nu-Jazz Bereich – musikalisch produktiv und durch gute Kollaborationen mit Little Dragon oder Bonobo gekrönt, aber von den Kritikern kaum beachtet. Bezeichnenderweise heisst sein damaliges erstes und letztes Album unter bürgerlichem Namen „Time To Re-Arrange„. Zeit sich neu zu ordnen – das muss sich Jerome auch gedacht haben, als er seine Karriere mit Pseudonym und Maskerade startete. Pünktlich zum neuen Album hat der Londoner sich zum nächsten Wandel entschieden.
Wer von der CD „SBTRKT“ Bassmonster wie „Hide Or Seek“ oder sogar vertrackte tiefe Klänge erwartet, der sei gewarnt: die CD ist Pop in seiner Perfektion – gutes Songwriting, interessante Beats, eingehende Melodien und herausragende Produktion.
Der vermehrte Einsatz von Vocals, die im Zentrum des Songarrangements stehen, hatte sich bereits in der Vergangenheit durch einige Kollaborationen mit dem Sänger Sampha angedeutet und findet auch im Großteil des Debütwerkes Verwendung. Ganze acht von elf Tracks haben Gastsänger zu verzeichnen, darunter Yukimi von Little Dragon, Jessie Ware, Roses Gabor und eben jener Sampha, der allein vier Tracks seine Stimme leiht.
SBTRKT als Produzent verzichtet bei dieser Art des Songwritings auf das Rampenlicht und lässt die Stimmen in gut ausgefeilten Arrangements glänzen. Neben dem erste Release „Wildfire“ mit der piepsigen Yukimi sind es insbesonders die Songs mit Sampha, die nach Chartplatzierungen schreien. „Hold On“ überzeugt mit seiner unschuldigen, souligen Anziehungskraft, und auch bei „Trials Of The Past“ ist man durchgehend versucht, das fragile Timbre imitierend mitzusingen – zumindest ein kleines Mitwippen ist bei keinem Song vermeidbar. Selbst einfachste rhythmische Gesangseinlagen wie bei „Pharaos“ erzielen auf den von SBTRKT produzierten Beats und Flächen größtmöglichen Effekt. Den nötigen atmosphärischen Tiefgang kriegt man im Pop-Gemenge aber auch geliefert. Besonders im Fall von „Right Thing To Do“, das perfekt durch Jessie Wares Gesangseinlage ergänzt wird – ein grooviger Clubtrack mit Ohrwurmfaktor.
SBTRKT schafft es, bei seinem Erstwerk eine gelunge Balance zu halten. Der Stil des Künstlers bleibt dabei im Wesentlichen erhalten. Tracks wie „Ready Set Loop“ bieten Genuss für Fans älterer Garde, während Lieder à la „Wildfire“ insbesondere durch Gesang neue Fans anziehen wird. Das durchgängig unterhaltsame und homogene Gefüge wird außerdem durch ein stimmiges Intro („Heatwave“) und ein episches Outro („Go Bang) abgerundet.
Man kann Aaron Jerome zu dieser Herangehensweise eigentlich nur gratulieren, schließlich ist davon auszugehen, dass er mit diesem Album den großen Wurf schafft. Wer weiss, ob die Maske dann noch vonnöten ist…
Preview:
[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/sbtrkt_sbtrkt_preview.mp3[/podcast]
Tracklist:
- Heatwave
- Hold On (feat. Sampha)
- Wildfire (feat. Yukimi of Little Dragon)
- Sanctuary (feat. Jessie Ware)
- Trials Of The Past (feat. Sampha)
- Right Thing to Do (feat. Jessie Ware)
- Something Goes Right (feat. Sampha)
- Pharaohs (feat. Roses Gabor)
- Ready Set Loop
- Never Never (feat. Sampha)
- Go Bang